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Lesezeit: 8 Minuten

Wer kennt es nicht, das weltbekannte Kartenspiel UNO? Klar, fast jeder, gibt es ja auch schon seit 1971 (Idee stammt aus 1969). Und ja, ich stehe dazu, UNO gehörte neben SKIP-BO und HECKMECK, jahrelang auch in unser Reisegepäck. Das einfache Karten-Ablege- und Ärger-Spiel fand bis vor kurzem oft den Weg auf unseren Urlaubs-Spieltisch. Doch seit der Messe „Spiel 18“ hat UNO bei uns ausgedient. Wir sind in Essen auf ein ähnliches Spiel gestoßen, das noch interaktiver, noch unberechenbarer und noch spaßiger ist, obwohl es grundsätzlich den gleichen Mechanismus hat. FRANTIC hat uns sofort begeistert und wir hatten bislang viele unterhaltsame Partien – nicht nur im Urlaub und ganz ohne wirre Hausregeln.

Eckdaten

Name: Frantic

Für 4-8 Spieler, ab 12 Jahren

Autoren: Fabian Engeler, Pascal Frick, Stefan Weisskopf und Pierre Lippuner (Grafik)

Verlag: Rule Factory (CH)

Vertrieb in D: Game Factory

Spieldauer: 5 Minuten bis beliebig

Platzbedarf: gering

Frantic

Verlagstext

Werde deine Karten so schnell wie möglich los. Doch Achtung: Deine Mitspieler wollen dies mit allen Mitteln verhindern! Ein Spieler hat nur noch wenige Karten? Dann mach ihm mit zwei deiner eigenen Karten ein Geschenk. Jemand will dich dazu zwingen, weitere Spielkarten aufzunehmen? Nein, mein Freund, warum tust du das nicht selbst?! Jemand will die Runde gerade beenden? Nice Try! Nimm doch gleich nochmals drei Karten auf! Dieses Spiel zerstört Freundschaften. Und das ist gut so!

Quelle: https://www.rulefactory.ch/frantic/

Anmerkung

Das Spiel erschien 2015 als Crowdfunding-Projekt und wurde 2018 von Game-Factory erstmals in Essen vorgestellt.

Das Spiel

Eigentlich muss man Frantic gar nicht großartig erklären. Wer UNO, Mau-Mau und ähnliches kennt, muss nur noch den Verlagstext lesen und weiß schon wo es langgeht. Jeder hat 7 Karten auf der Hand, und wer diese zuerst loswird, gewinnt die Runde. Gelegentlich bringen Sonderkarten jedoch das ganze Spiel durcheinander. Da werden Karten getauscht, verschenkt oder entsorgt und manchmal endet eine Runde auch schneller als man denkt. Wer noch Karten auf der Hand hat, erhält Minuspunkte je nach Kartenwert und bis zu 42 Minuspunkte (!) für die weniger beliebte „Fuck You Karte“.

Mehr ist es nicht, aber auch nicht weniger!

Spielgefühl & Erfahrungen

Nach einigen Partien Frantic, habe ich überlegt, wie ich meine, unsere Erfahrungen am besten rüber bringen kann. Dabei viel mir der Verlauf einer Partie ein, an der ich vergangenes Wochenende beteiligt war. Um es gleich mal vorweg zu nehmen, für mich war es ein Trauerspiel in 5 Akten.

1. Akt – Prolog

Das Spiel beginnt wie jedes Kartenspiel mit dem Verteilen der Karten. Die Spannung steigt, der Mischer und Geber verteilt 7 Karten an jeden von uns. Es geht los. Wie beim Klassiker UNO, wandert eine Karte nach der anderen auf den Ablagestapel. Zahl auf Zahl, oder Farbe auf Farbe. Gelegentlich zieht einer nach, weil er keine passende Karte hat. Ohne dass etwas Spektakuläres passiert, endet die Runde. Da ich nicht so glücklich ablegen konnte, hat es mich mit 35 Minuspunkten kalt erwischt. Hmm, eher eine unspektakuläre Runde.

Neue Runde, neues Glück. Erneut werden Karten verteilt. Es folgt die übliche Reaktion bei der Analyse der erhaltenen Karten: „Wer hat gemischt?“, „was für ein schei…. Blatt!“ oder auch schlicht „Na toll!“. Letzteres deutet meist untrüglich darauf hin, dass die „Fuck You Karte“ im Spiel ist und einen Besitzer gefunden hat. Hoffentlich gibt’s diesmal mehr Action.

2. Akt – Dramatik

frantic black cardsZu Beginn der zweiten Runde macht wieder fast jeder von seinem Recht gebrauch, eine Karte abzulegen. Wenn Zahl und/oder Farbe stimmt. Ist ja auch Sinn und Zweck vom Spiel, denn man will möglichst als erster alle Karten loswerden. Nur ein Spieler in unserer Runde verkündet lauthals „Hab nix, zieh eine Karte ….. kann nicht, Nächster!“. Kann er wirklich nicht? Schon in der ersten Runde? Oder will er nicht? Der einzige Grund, nicht zu wollen bei Frantic, ist die „Fuck You Karte“. Hat er die wohl? Wenn ja, kann er sie nur ablegen wenn er 10 Handkarten hat. Dann soll er sie mal schön behalten. Das Spiel geht derweil weiter. Karte um Karte wandert in die Mitte. Nur einer zieht Karten nach. „Ich kann nicht!“ Ja nee, iss klar – fu…. you!?

frantic buntIrgendwann kommt endlich auch die erste Sonderkarte ins Spiel – Fantastisch. Ich spiele eine bunte Karte, mit der ich mir Farbe oder Zahl wünschen darf. Aber warum soll ich mir eine Farbe wünschen? Es ist doch viel wahrscheinlicher, dass, wenn ich mir eine Zahl wünsche, der nächste Spieler nicht ablegen kann. Ich verzichte also auf meinen ursprünglichen Wunsch „blau“ und wünsche mir stattdessen eine „3“ – ich bin ja so klug! Und jetzt, was legt der folgende Spieler ab? Natürlich, eine blaue 3 – na super. „Ätsch, Murphys law“ tönt es über den Tisch. Soll ich ihm gleich sein Schienbein massieren oder …? Noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, kommt schon die nächste Sonderkarte ins Spiel. „Ich darf jetzt bestimmen, wer alles eine von vier Karten aufziehen muss, richtig?“ fragt Sarah – Ich hasse solch hinterlistige Fragen – „Ja“ – „Dann nimm du 3 und Stefan 1“ Gerechtigkeit geht anders, aber so sind sie halt, die Mädels. Also ziehe ich drei Karten und bin nach 4 Runden wieder da, wo ich begonnen habe.

3. Akt – Umbruch

frantic fuckMarkus zieht wieder eine Karte. Er hat noch keine einzige abgelegt. Alle anderen schon, sie haben ihre Handkarten deutlich dezimiert. Nur ich habe trotz Ablegens, immer noch 7 auf der Hand. Dann passiert es, es kommt eine schwarze Karte ins Spiel. Schwarz ist keine Farbe, deshalb können schwarze Karten nur auf eine passende Zahl gelegt werden. Durch das Ausspielen einer schwarzen Karte kommt auch sofort eine der Ereigniskarten ins Spiel. Diese kann jetzt alles ändern. Ich ziehe also eine der Ereigniskarten und lese vor: „Marry Christmas“. Das bedeutet, jeder verteilt seine Handkarten beliebig an die Mitspieler. Markus freut sich. Ich ahne schlimmeres. Wie in unseren Runden üblich, wird das Verteilen begleitet durch schräges singen „We wish you a marry Christmas, we wish….“. Anschließend nehmen alle ihre neuen Karten auf die Hand. Ich wusste es! Jetzt hab ich die „Fuck You Karte“, die man getrost auch hätte „Arschkarte“ nennen können, aber egal. 42 Minuspunkte hab ich sicher, außer ich bekomme sie wieder irgendwie weg.

4. Akt – Eklat

Da beim Verteilen der Karten keiner richtig aufgepasst hat, hat Sandra nur noch 1 Karte auf der Hand. Sie ist an der Reihe, legt ab und die Runde ist vorbei. Doch es besteht Hoffnung. „Hat wer die Karte „nice try“ auf der Hand?“ dann muss Sandra nämlich drei Karten nachziehen und es würde weiter gehen. Doch keiner meldet sich. Die Runde ist vorbei, ich habe 73 Minuspunkte auf der Hand. Zusammen mit den 35 aus der ersten Runde, liege ich jetzt bei 108, deutlich vor allen anderen. Wir hatten vereinbart, bis 153 Punkte zu spielen. Noch ist also alles offen, die Hoffnung stirbt zuletzt.

5. Akt – Armageddon

frantic auswertungNeue Runde neues Glück. Ich bekomme tatsächlich 4 schwarze Karten direkt auf die Hand. Damit lässt sich bestimmt viel Unfug anstellen, wenn sie passen. Und siehe da, gleich in der ersten Runde passt eine davon. Ich lese die Ereigniskarte vor: „Freitag der 13te“ – die Regel dazu sagt: nichts passiert. Es geht also weiter. Zwei Runden später, erneut die Chance auf eine Ereigniskarte um die Mitspieler zu ärgern. Wieder passt eine meiner schwarzen Karten. „Jetzt aber, Achtung!“ ich lese wieder vor: „Doomsday!“ ich lese wieder nach: „Die Runde endet sofort, jeder bekommt 50 Minuspunkte“. Toll! Ich habe nach nur 3 Runden direkt mit 158 Punkte verloren, obwohl ich zuletzt nur 6 Punkte auf der Hand hatte! Egal, Revanche, ich bin frustresistent und außerdem hat es mega Spaß gemacht. Spaß, den ich so bei UNO nie hatte. Frantic ist ganz klar das coolere Spiel.

(Die Geschichte und Namen sind natürlich völlig frei erfunden, Ähnlichkeiten sind also rein zufällig)

Fazit

Frantic ist, wie gesagt, für uns definitiv das bessere UNO, keine Frage. Mehr Interaktion, mehr unvorhersehbares, mehr Spaß. Ja, man könnte es durchaus auch willkürlich oder glückslastig nennen. Aber mal ehrlich, wenn die Gruppe Spaß hat, sind Glück und Willkür doch egal, oder? Und wir hatten immer richtig viel Spaß. Auch wenn man anfangs die Funktionen der Sonder- und Ereigniskarten noch häufig nachlesen muss.

Allerdings gibt es beim Spaßfaktor eine Einschränkung. Mit weniger als fünf Spieler, hatten wir auch weniger Spaß. Die unserer Meinung nach beste Spielerzahl ist sechs. Sieben und acht sind schon fast zu viel.

Im Großen und Ganzen aber ein schönes, spaßiges Kartenspiel das nur an UNO erinnert und doch völlig anders, weil besser, ist.

© 07.01.19 Oliver Sack

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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge © Rulefactory/Gamefoctory / Fotos: Oliver Sack


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