Johannes Natterer

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Im Gespräch mit Johannes Natterer, Redakteur bei Hans im Glück

Ich war zu Gast beim Hans im Glück Verlag in München. Dort hatte ich die Möglichkeit, mit dem Jung-Redakteur Johannes Natterer über ihn, seine Arbeit und über die Frühjahrs-Neuheit des Verlags „Race to the New Found Land“ zu plaudern.

Oliver: Johannes, du bist ja recht frisch in der Branche und ich denke, viele kennen dich noch nicht. Seit wann bist du hier bei Hans im Glück, was ist deine Aufgabe und was hast du zuvor gemacht?

Johannes: Ich bin seit 2016 dabei. Zuvor habe ich meine Ausbildung zum Game-Designer in Frankfurt a.M. absolviert. Meine Semesterarbeit war ein analoges Kartenspiel, was als Semesterarbeit eher die Ausnahme ist, da normalerweise digitale Projekte umgesetzt werden. Nach meinem Abschluss habe ich dann im Bereich digitale und analoge Games nach einer passenden Tätigkeit gesucht. Da ich unter anderem mein Kartenspiel auch bei Hans im Glück vorgestellt hatte, nutze ich diese Kontakte und bewarb mich dort um ein Praktikum. Nach diesem Praktikum blieb ich bei Hans im Glück, wo ich mich sehr wohl fühle. Die Arbeit als Spiele-Redakteur ist sehr interessant das Team hier ist klasse und unterstützt mich ganz toll.

Oliver: Was wurde aus deinem Kartenspiel?

Johannes: Das liegt aktuell hier im Prototypen Regal und wird dort wohl auch noch eine ganze Weile bleiben. Es war ein interessantes Semesterprojekt, jedoch ist die Zielgruppe für ein solches Spiel leider zu klein.

Oliver: Was war das erste Spiel, an dem du hier gearbeitet hast?

Johannes: das war „Valetta“. Hier durfte ich Michael und Georg unterstützen. Sie waren die eigentlichen Redakteure des Spiels

Oliver: Und dann kam gleich „Race to the New Found Land“?

Johannes: Ja, das Spiel kam im Frühjahr 2017 hier an. Damals hat es Moritz mit den beiden Autoren Martin und Jochen angetestet. Bereits diese erste Version hat Moritz sehr gut gefallen und so durfte ich schnell meine erste Partie mittesten.

Oliver: war es schon annähernd so wie wir es heute kennen?

Johannes: Nein, speziell der Insel-Mechanismus war völlig anders. Er erinnerte an den Legemechanismus von Carcassonne. Aber der Schiffe-Mechanismus war schon so wie heute. Auch die Boni, die man auf der Punkteleiste erhalten kann, waren schon da. Allerdings waren die Boni noch an fixe Punktezahlen gebunden.

Oliver: also musste man die Inseln erst beliebig bauen, ganz ohne Vorlage, Größenbegrenzung?

Johannes: Ja, so ungefähr. Aber grundsätzlich war dieser Mechanismus sehr abstrakt und komplex. Dieses Feedback haben wir an die beiden Autoren weitergegeben, mit der Hoffnung, dass sie hier eine bessere Lösung finden.

Oliver: Habt ihr dann in der Zwischenzeit weiter daran gebastelt?

Johannes: Nein, das machen wir in der Regel nicht. Wenn zwei Gruppen unabhängig voneinander an der gleichen Sache arbeiten, ist die Gefahr sehr groß, dass es sich in zwei Richtungen entwickelt. Das wäre kontraproduktiv.

Oliver: Wie ging es dann weiter?

Johannes: Martin und Jochen haben sich unser Feedback angeschaut und weiter am Spiel gearbeitet. Als ich dann aus meinem Urlaub zurückkam, bekam ich es von Moritz Brunnhofer mit den Worten „Mach mal zu Nürnberg fertig“. Das war schon ein ehrgeiziges Vorhaben.

Oliver: War denn noch viel zu tun, außer der Produktion, die dauert ohnehin ja auch noch seine Zeit?

Johannes: Ja, es war noch viel zu tun. Meine Kollegen haben mich dabei aber gut unterstützt. Dabei haben wir den Prototyp jede Woche in mehreren Versionen getestet. Jeder konnte seine Ideen und Einwände vorbringen. Das war schon eine große Hilfe. Unsere endgültige Version ging dann nochmals an Martin und Jochen, sie haben dann den letzten „Feinschliff“ übernommen.

Hans im Glück(Links Prototyp-Original – Rechts Finales Cover /Foto: Oliver Sack, mit freundl. Genehmigung des Hans im Glück Verlag)

Oliver: Wo habt ihr besonders lange herumgetüftelt?

Johannes: Viel getestet haben wir bei den Spielertableaus, genauer gesagt bei der Aktionsphase. Nicht nur weil im Ur-Spiel, welches deutlich komplexer war in diesem Bereich, der Unterschied zwischen „Siedeln“ und „Entdecken“ zu verschwommen/unausgewogen war. Wir testeten auch andere Aktions-Reihenfolgen. Aber in der Tat gab es die meisten Änderungen bei der Aktion „Entdecken“. Wir wollten erreichen, dass das Spiel mehr situationsabhängige Taktik erfordert und nicht eine Spieldauer-Übergreifende Strategie-Schlacht. Diese Änderungen haben wir auch immer mit Martin und Jochen besprochen. Sie konnten uns an vielen Stellen nochmals weiterhelfen.

Oliver: Ich sehe auch gerade, dass beim Prototyp die Zählleiste noch außen um den Spielplan verläuft. War da die Änderung eine rein optische Geschichte?

Johannes: Nicht direkt. Durch die Boni, die man auf der Leiste erhalten kann, wird diese zu einem Bestandteil des Spiels. Würde sie außen verlaufen, bestünde die Gefahr, dass diese Boni gerne übersehen werden. Schließlich sind die Boni ein wichtiges, taktisches Element.

Oliver: Ja, das habe ich auch so empfunden. Ich finde auch die Idee, dass einem ein Bonus „entgegenkommt“ sehr schön. So kann der Führende nicht zu weit vorauseilen und den Bonus-Vorteil lange nutzen.

Johannes: Du darfst aber nicht vergessen, wer einen Bonus als erster erreicht, der hat noch die beste Auswahl aus den Bonus-Karten. Das ist schon auch ein Vorteil. Die Idee mit dem „Entgegenkommen“ der Bonusfelder stammt übrigens von Moritz. Er hatte es in einer Runde mal eher aus Mitleid gemacht, so nach dem Motto: „komm, du sollst auch bald den Bonus bekommen“. So kam dann dieser Kniff ins Spiel. – Anschließend ging das Spiel wieder an die Autoren.

Oliver: Zu diesem Zeitpunkt war dann ja schon vieles, wie es im finalen Spiel war, oder?

Johannes: Grob gesehen schon, aber es gab noch sehr viele, kleine Detailänderungen. Unter anderem hatte auch Bernd ein paar verschiedene Spielpläne mit kleinen Modifikationen zur Diskussion gestellt.

Hans im Glück

(Prototyp-Originale – Rechts: Finaler Spielplan /Foto: mit freundl. Genehmigung des Hans im Glück Verlag)

Oliver: Welche Arbeiten kamen dann noch auf dich als verantwortlicher Redakteur zu, nachdem das Spiel so gut wie fertig war?

Johannes: Ein Teil sind da sicherlich die Spielregeln, welche geschrieben und getestet werden müssen. Dazu zählt auch eine, nach Möglichkeit selbst-erklärende Symbolik. Oder auch die Entscheidung, die Aufgabenkarten auf einem separaten Beiblatt ausführlich zu erklären, anstelle dies in das Regelheft zu integrieren. Da konnte ich aber wie gesagt auf die Erfahrung von Georg bauen.

Oliver: Jetzt möchte ich natürlich noch einen kleinen Vorteil gegenüber meiner Spielgruppe haben, wenn ich schon mal die Möglichkeit habe. Hast du einen guten Taktik-Tipp für mich?

Johannes: Ich denke die Inselplättchen beim Spielaufbau geben ein Indiz, in welche Richtung man gehen sollte. Liegen bereits zu Beginn starke Plättchen aus, sollte man sich mehr auf das Siedeln konzentrieren. Sind sie aber noch im Stapel versteckt, lohnt es sich diese zu Entdecken.

Oliver: Danke, ich werde es probieren. – So, dann wird es Zeit, Danke zu sagen, für die Zeit und die interessanten Einblicke in deine Arbeit und hinter die Kulissen von „Race to the New Found Land“. Unser Gespräch hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich wünsche dir für die Zukunft noch viel Erfolg und noch viele tolle Spiele. Und vielleicht kommt dein Kartenspiel doch noch eines Tages auf den Markt.

Johannes: Ich bedanke mich auch ganz herzlich für das interessante Interview. Bis es mit meinem eigen Spiel soweit ist, wünsche ich euch noch ganz viel Spaß mit „Race to the New Found Land“ und all den anderen, tollen Spielen von Hans im Glück.

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Die Fragen stellte das Team um Spielevater Oliver Sack, © 20. Juni 2018

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