Reykholt titel

Lesezeit: 9 Minuten

Gemüseanbau in Island? Klingt schon ein wenig komisch, oder? Tatsache ist aber, dass das wirklich auch praktiziert wird. Dank Geothermie und Gewächshäuser ist es möglich, auch im sonst eher rauen Klima Islands, Gemüse zu kultivieren. Dass ausgerechnet Uwe Rosenberg dieses Thema in ein Spiel verpackt hat wundert indes weniger. Oder wie es ein Mitspieler bezeichnete: „doch nur wieder ein Agrarspiel von Uwe Rosenberg!“ – Ob es wirklich „nur ein weiteres Agrarspiel“ ist, wollten wir dennoch genauer wissen. Covergrafik und Spielmaterial wirken optisch schon einmal einladend.

Eckdaten

Name: Reykholt

Für 1-4 Spieler, ab 12 Jahren

Autor: Uwe Rosenberg

Illustrator: Lukas Siegmon

Verlag: Frosted Games

Spieldauer: ca. 30-45 Minuten

Platzbedarf: ca. 70 x 90cm zu viert

Reykholt Box

Verlagstext

Auf Island kann man Vulkane erklimmen, Polarlichter bewundern, Schafe zählen – und heimische Tomaten essen. Die Insel ist dank der Nutzung von Erdwärme ein Gemüseparadies. Als Spieler wollen wir daraus Gewinn ziehen und den Tourismus, den dieses Naturschauspiel anzieht, nutzen, um uns einen Lebensunterhalt aufzubauen. Wenn da nicht die Mitspieler wären, die dasselbe im Sinn haben.

Reykholt ist ein vielseitiges Spiel in welchem starke Mechanismen wie Worker-Placement und Anbau von Rohstoffen so neuartig verwoben werden, dass es am Ende aber nur darauf ankommt vorne zu stehen. Ein Rennspiel, wie es von Uwe Rosenberg mit viel Liebe zum Detail schlank designed wurde. Wenige Regeln und schnelles Spiel erzeugen einen spannenden Abend.

Obendrauf bietet Reykholt das erste Spiel von Uwe Rosenberg, welches einen Storymodus hat um das Spiel herausfordernder wahrzunehmen.

Reykholt ist ein strategisches Rennspiel für 1-4 Spieler von Uwe Rosenberg.

Quelle: www.frostedgames.de, 12/2018

Unboxing

Das Spiel

Bei Reykholt spielen wir insgesamt sieben Runden und versuchen in dieser (knappen) Zeit, möglichst viele Punkte zu erreichen. Eine Spiel-Runde gliedert sich dabei in vier einzelne Phasen.

Zu Beginn einer Partie haben wir außer unseren drei Arbeitern … nichts! Kein Startkapital, kein Gewächshaus, kein Saatgut, keine Vorteile, wirklicher ich gar nichts. Wir müssen uns also alles erarbeiten.

Phase 1 (Einsetzphase)

In der „Arbeitszeit“, setzen wir reihum und abwechseln unsere Arbeiter auf dem Spielplan ein. Dieser zeigt in der Mitte vier verschiedene Bereiche (Spalten), die uns unterschiedliche Aktionen ermöglichen, je nachdem, wo wir unsere Arbeiter einsetzen.

In der ersten Spalte kommen wir zu Gewächshäusern, der wichtigsten Voraussetzung für eine erfolgreiche Ernte. Je nachdem, welches Feld man dort belegt, bekommt man zusätzlich noch Gemüse oder die Möglichkeit, sofort in einem soeben erworbenen oder vorhandenen Gewächshaus auszusägen oder zu ernten. In der zweiten und dritten Spalte kann man seinen Vorrat an Gemüse aufstocken, und/oder wiederum aussähen oder ernten. Die vierte Spalte ermöglicht Sonderaktionen, die einem im weiteren Spielverlauf einmalige oder dauerhafte Vorteile bringen.

Reykholt

Einmalige Vorteile sind das Überspringen von Feldern (Tischen) auf der Wertungsleiste, wo hingegen dauerhafte Vorteile von den ausliegenden Servicekarten bestimmt werden. Fünf dieser Servicekarten stehen in einer Partie zur Wahl und werden zufällig aus einem der fünf unterschiedlichen Sets ausgewählt. Wer sich über das entsprechende Aktionsfeld eine der ausliegenden Karten nimmt, erhält einen Vorteil, den er bis zum Ende der Partie, nutzen kann. Diese Servicekarten machen also nicht nur jede Partie anders, sie beeinflussen in ihrer Kombination auch mögliche Spiel-Strategien.

Phase 2 (Einkommensphase)

Jetzt, in der „Erntezeit“, nehmen wir aus jeden Gewächshaus, in dem mich Gemüse liegt, genau eines heraus und legen es in unser Lager. Das war‘s schon, mehr gibt es in dieser Phase nicht zu tun.

Phase 3 (Wertungsphase)

ReykholtDie „Tourismuszeit“ kommt. Und mit den Touristen kommen unsere Punkte auf der Wertungsleiste. Um ein Feld auf der Wertungsleiste vorwärts zu kommen, müssen die auf dem jeweiligen Feld (Tisch) abgebildeten Waren aus unserem Lager bezahlt werden. Zu Beginn einer Partie ist das mit nur einer Wäre pro Tisch noch recht günstig und man kommt gut voran. Nach den ersten fünf Tischen kostet es schon je 2 Waren pro Tisch, nach weiteren fünf sogar drei Waren. Das steigert sich dann, bis es schlussendlich sechs Waren einer Sorte benötigt, um einen Tisch Vorwärtsgang zu kommen. Allerdings kostet uns die Tourismuszeit nicht nur Waren, sie kann auch Waren als Einkommen bringen. Einmal pro Wertungsphase in der Tourismuszeit, darf man sich die Waren die man abgeben soll, stattdessen auch als Prämie nehmen. So hat man dann für folgende Spielrunden zusätzliches Saatgut und Waren um wiederum das Voranschreiten von Tisch zu Tisch zu bezahlen.

Phase 4 (Aufräumphase)

Die „Heimkehrzeit“ ist wie die „Erntezeit“ völlig unspektakulär und schnell abgehandelt. Es werden lediglich alle Marker (Arbeiter) vom Spielplan entfernt und kommen zu ihren jeweiligen Besitzer zurück. Das war schon alles, eine neue Runde beginnt nach Startspielerwechsel wieder mit der „Arbeitszeit“.

Spielende

Das Spiel endet nach 7 Runden. Gewonnen hat, wer am weitesten auf der Wertungsleiste vorangekommen ist, also einen Tisch mit den meisten Waren erreicht hat und dabei noch vor seinen Mitspielern gelandet ist.

Solo-Modus

Die Solo-Partie läuft grundsätzlich gleich ab, wie das Spiel mit mehreren Spielern. Allerdings werden nur 5 Runden gespielt und unser Ziel ist es, einen Tisch mit 5 Tellern zu erreichen. Dafür stehen uns in den fünf Runden 6 Arbeiter und 3 Servicekarten zur Verfügung. Pro Runde dürfen allerdings nur 3 Arbeiter eingesetzt werden, die übrigen 3 blockieren die Felder auf die sie in der Runde zuvor eingesetzt wurden. Spielt man zum Beispiel mit den blauen und gelben Arbeiter, spielt man die erste Runde mit gelb und lässt diese am Ende auf dem Spielplan liegen. Die Zweite Runde spielt man dann mit den blauen Arbeitern. Am Ende der zweiten Runde bleiben die blauen Marker auf dem Plan liegen und die gelben (aus der ersten Runde) werden zurückgenommen. Runde drei kommen diese (gelben) ins Spiel und die blauen werden abgeräumt. So werden immer wieder andere Felder blockiert, was quasi die Aktionen der Mitspieler simuliert.

Story-Modus

Wer noch mehr Herausforderung mag, für den gibt es den Story-Modus. 16 neue Service-Karten und 13 Ereigniskarten, bringen schon mal eine erste Abwechslung ins Spiel. Kern der Sache sind aber die 5 Szenarien, die die Spieler vor neue Aufgaben stellen und dabei auch das eine oder andere Handicap bereithalten. Es gilt, nicht einfach nur Punkte zu sammeln, sondern innerhalb einer vorgegebenen Rundenzahl ein Ziel zu erreichen und dabei bestimmte Bedingungen zu erfüllen. Ich mag hier nicht zu viel verraten, aber wenn die Tomatenernte jedes Mal geringer ausfällt, als man es vom Grundspiel her kennt, wird‘s schon mal enger in der Tourismusphase. Wenn zudem noch durch eine Ereigniskarte, zum Beispiel eine Dürre, teile der Ernte dahingerafft werden, dann treibt es einem auch schon mal Schweißperlen auf die Stirn.

Eindrücke

Der Spieleinstieg fällt hier sehr leicht. Ruck-Zuck ist klar, wie der Hase läuft. Allerdings fragt man sich, spielt man Reykholt das erste Mal, wie zum Teufel man die hohen Bereiche der Wertungsleiste erreichen soll? Wo soll man die ganzen Waren hernehmen? Es sind doch nur sieben Runden, die man dafür Zeit hat! Kommentare wie diese, haben wir mehrfach gehört, aber auch wir haben uns bei unserer ersten Partie diese Fragen gestellt.

ReykholtZu recht! – Denn man startet ja ohne jegliches Startkapital und in den ersten beiden Runden fallen die Ernten noch sehr bescheiden aus. Ab der dritten, vierten Runde spürt man aber, dass das Spiel richtig in Fahrt kommt, es beschleunigt. Servicekarten bringen Vorteile, Gewächshäuser nehmen zu, Ernten werden ertragreicher und Tische mit drei oder vier Waren kommen in Reichweite.

In den letzten beiden Runden beginnt dann die wirklich heiße Phase. Es beginnt aber auch die Zeit, in der die Spielrunden länger werden. Sitzen Grübel-Spieler oder Optimierungsfetischisten am Tisch, wird’s hart für die anderen. Es wird gerechnet, abgewogen und orakelt. Was soll ich tun? Soll ich mir nochmals ein Gewächshaus nehmen und sogleich aussähen? Was machen meine Mitspieler? Machen Sie mir ein Aktionsfeld streitig? Soll ich besser abernten was da ist, mein Lager ist wieder recht leer? Wie man es jetzt macht, scheint es falsch zu sein. Der Ruf nach einer achten Spielrunde wird lauter, man will schließlich doch noch seinen Masterplan in die Tat umsetzen. Zu spät! Hinzu kommt, was bei uns nicht selten war, dass die letzten beiden verbleibenden Arbeiter, kein weiteres Vorankommen auslösen konnten.

Fazit

Ein schönes Familienspiel, das durchaus auch taktisch und strategisch gespielt werden kann. Die tolle Illustration und der sehr einfache Spieleinstieg machen Lust und Laune. Uwe Rosenberg ist es wieder einmal gelungen, mit einfachen Mechanismen und Aktionen, eine fesselnde Spieltiefe zu schaffen, die weder zu komplex noch zu kompliziert wirkt. Und das, obwohl ich ja bekennender Tomaten-Hasser bin.

© 01.01.19 Oliver Sack

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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge © Frosted Games Berlin / Fotos: Oliver Sack


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