Lesezeit: 10 Minuten
von Oliver
Kooperatives pokern? Nun, seit dem kooperativen Stichspiel „The Crew“ (2019) nicht überraschend, dass scheinbar grundsätzlich kompetitive Spielsysteme eine kooperative Variante bekommen. Doch warum? Weil kooperativ seit Jahren en vogue ist? Nein, weil kooperative Adaptionen einfach spannend und unterhaltsam sind. Auch wenn es sich ungewöhnlich anfühlt und die Gruppe sich anfangs noch finden und synchronisieren muss (üben wir ja mit „The Game“ seit 10 Jahren schon). Jetzt also kooperatives Pokern. Doch wie reizt, blufft und stichelt man kooperativ? Das lernen wir Stück für Stück über die ersten Niederlagen bei The Gang. Spannend und herausfordernd bleibt es jedoch trotz Misserfolg, denn wie heißt das alte Sprichwort? „Man lernt aus seinen Fehlern.“
Name: The Gang
Für 3-6 Personen, ab 10 Jahren
Autorinnen: John Cooper, Kory Heath
Verlag: Kosmos
Spieldauer: ca. 20-30 Minuten
Platzbedarf ca. 90×90 cm
Verlagstext
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Pokern im Team! Die berüchtigte „The Gang“ plant eine Serie an Überfällen und muss drei Tresore knacken, bevor der Alarm dreimal ausgelöst wird. Perfekte Abstimmung und richtige Platzierung in der Gang sind entscheidend. Drei bis sechs Spielerinnen und Spieler ab zehn Jahren können diese Herausforderung annehmen und kooperativ Poker spielen. Dabei dürfen sie allerdings nicht über ihre Handkarten sprechen. Ein spannendes Spielerlebnis basierend auf dem bekannten Pokerprinzip mit Pokerchips und cool gestalteten Karten.
Quelle: www.kosmos.de/, April 2025
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Das Spiel
Wir starten ganz nach Poker Art Texas Hold‘em mit 2 Handkarten, dem Pre-Flop. Dann geht es aber schon ganz anders weiter, denn wir sind nicht scharf auf einen großen Pott, nein, wir wollen zusammen mit unseren Mitspielenden nur eins, beim Showdown recht haben.
Denn es geht darum, am Ende, wenn alle ihre Karten offenlegen, genau wissen, wer das beste Blatt hat und wer mit dem zweitbesten, drittbesten und so weiter, folgt. Dazu haben wir haptisch schöne Pokerchips mit Sternchen. Sind wir der Meinung, unsere Starthand aus zwei Karten ist so ziemlich das höchste, dann nehmen wir uns den weißen Chip mit der höchsten Anzahl an Sternchen. Haben wir hingegen nur Mist auf der Hand, greifen wir lieber einmal zum Chip mit nur einem Stern. Klingt einfach, aber bereits in dieser frühen Phase wird es tricky. Spielt man The Gang, muss man sich vom Gedanken des Bluffens vollkommen verabschieden. Es geht jetzt nicht darum zu hoffen, was man am Ende für eine Hand haben könnte, falls einem die Stochastik entgegenkommt, sondern darum, seine aktuelle Hand einzuschätzen. Also rein um die Momentaufnahme der beiden Karten.
Hat jeder Mitspielenden sich nun einen der weißen Chips genommen, geht es weiter. Jetzt folgt der „Flop“. Es werden drei Karten vom Talon aufgedeckt. Zusammen mit diesen drei offenen Karten hat jetzt jeder fünf Karten. Also eine vollständige Pokerhand, bestehend aus zwei eigenen und drei offenen Karten. Um jetzt jedem mitzuteilen, ob die eigene Hand durch diese drei Karten jetzt noch besser oder schlechter geworden ist, werden erneut Chips mit Sternchen genommen. Diesmal gelbe. Dass es spätestens jetzt zu Diskussionen kommt, ob man den richtigen Chip hat oder jemand anderes den vermeintlich falschen, ist normal und erwünscht. Es muss diskutiert werden.
Hat sich die Gruppe schlussendlich entschieden und jeder Spielende einen gelben Chip genommen, folgt die nächste Runde, der „Turn“. Die nächste Karte wird aufgedeckt. Jetzt liegen vier Karten offen und es kann jeder für sich erneut seine Hand aus ein oder zwei eigener Handkarten mit Karten aus der Mitte bilden. Um dies zu kommunizieren, werden erneut Chips wie zuvor verteilt.
Kurz vor dem anstehenden Showdown wird eine fünfte Karte aufgedeckt, der „River“. Wieder wird lebhaft diskutiert und noch einmal Chips genommen. Sind nun alle Chips verteilt, wird aufgedeckt. Showdown – jeder Spielende zeigt seine beiden Handkarten, beginnend mit der Person, die zuletzt den niedrigsten Chip (1 Stern) genommen hat. Es folgt der vermeintlich zweitplatzierte (2 Sterne) und so weiter, bis alle ihre Handkarten offengelegt haben.
Jetzt wird abgerechnet. Hat die Gruppe sich in der aufsteigenden Reihenfolge korrekt eingeschätzt? Ja, gut so. Zur Belohnung wird eine Tresor-Karte aufgedeckt. Liegt das Team falsch, wird eine Alarm-Karte aufgedeckt. Anschließend folgt die nächste Runde.
Sobald entweder drei Tresor-Karten offen liegen, hat die Gruppe gewonnen. Liegen allerdings drei Alarm-Karten offen, hat das Team gemeinsam verloren.
Zusätzliche Varianten (Modi)
Neben dem Grundspiel, was meiner Meinung nach völlig ausreichend ist und sehr viel Abwechslung, Spielspaß und Spannung bietet, gibt es noch drei zusätzliche Spielarten. Diese soll man jedoch erst dann ausprobieren, wenn man mit dem eigentlichen Spielsystem vertraut ist.
In diesem Modus kommen sogenannte Challenge-Karten und Speziallisten-Karten ins Spiel.
Hat man eine Runde erfolgreich absolviert, kommt eine Challenge-Karte hinzu. Diese bringt Regeländerungen mit und macht das Spiel etwas schwerer. Hat man hingegen eine Runde nicht geschafft, helfen die Speziallisten-Karten mit ihren Regelanpassungen. Dadurch wird die folgende Runde etwas leichter.
Profi-Modus
Dieser Modus verwendet dieselben Zusatzkarten wie der Fortgeschrittenen Modus. Mit einem Unterschied. Es kommt für jede Partie immer eine Challenge-Karte ins Spiel. Dadurch wird jede Runde mit einem Handicap gespielt und es können so mehrere Challenge-Karten zur selben Zeit aktiv sein oder eine Challenge-Karte und eine Speziallisten-Karte.
Meisterdieb-Modus
In dieser Variante kommen nur die Challenge-Karten ins Spiel. Es gibt also nur Handicaps und keine Erleichterung. Außerdem gilt ein Spiel schon verloren, sobald zwei Alarm-Karten aufgedeckt wurden.
Für wen ist The Gang geeignet?
Wer gerne kommunikative und kooperative Spiele mag, jedoch keine langen Spielzeiten oder Aufbauten, der ist hier schon einmal richtig. Wer dann noch Spaß an Knobeleien und Problemlösungen hat, der sollte sich The Gang erst recht anschauen.
Weniger geeignet ist The Gang für Poker-Freunde, die gerne den Nervenkitzel haben und um einen Pot spielen wollen. Daher tun sich diese Spielenden meist auch etwas schwerer mit dem System des kooperativen Pokerns – wer jedoch offen für neues ist, dem könnte The Gang dann auch gefallen.
Egal wie die Vorlieben sind, The Gang eignet sich gut als Aufwärmer oder Absacker beim Spieleabend.
Meine Eindrücke und Erfahrungen
In den unterschiedlichen Gruppen, in denen ich The Gang gespielt habe, haben sich zwei Gruppen herauskristallisiert. Eine Gruppe, der es richtig Spaß gemacht hat und die es verstanden hat hier anders zu kommunizieren als beim Bluffen in einer Poker-Runde und denen, die sich schwertaten, das System zu verstehen. Dabei waren in beiden Gruppen jeweils Leute, die Texas Hold’em Poker kennen und Mitspielende, denen Poker maximal vom Namen her bekannt war.
Der Trick bei diesem Spiel ist tatsächlich das Ignorieren von Poker-Gewohnheiten und eben nicht zu bluffen. Wer beim Poker mal eine Herz-Dame und eine Herz-Zehn auf der Hand hat, der wird eher versuchen einen auf dicke Hose zu machen. Hier, bei The Gang wäre diese Combo leider gar nichts, also höchstens 2 Sterne (spielt man zu sechst, vielleicht noch 3 Sterne) mehr nicht. Kommt dann mit dem anschließenden Flop (den drei ersten aufgedeckten Karten) noch etwas Passendes hinzu, dann kann man durchaus zu höheren Chips greifen. So signalisiert man seinen Mitspielenden auch, dass man etwas „getroffen“ hat und man seine Hand verbessern konnte.
Ebenfalls lässt es sich in gut eingespielten Runden beobachten, wenn sich jemand von seiner Starthand und dem Flop mehr versprochen hat. Dies ist meist daran zu erkennen, dass die betroffene Person zu deutlich niedrigeren Chips greift, als zuvor. Auch das ist ein Signal für die anderen Mitspielenden.
Wiederspielreiz
Ist auf jeden Fall vorhanden. Zwar wird man The Gang nicht Abendfüllend spielen, aber über einen längeren Zeitraum immer wieder mal zwei, drei Runden gehen immer. Bei unseren monatlichen, öffentlichen Spieleabenden finden sich immer Mitspielende für The Gang. Der Wiederspielreiz ist auch vorhanden, wenn man ohne die zusätzlichen Modi spielt. Diese kommen ohnehin größtenteils nicht so gut an. Zumindest in meinen bisherigen Runden.
Material Eindrücke
Kosmos hat sich entschieden, schwere Pokerchips in das Spiel zu packen. Das ist deutlich haptischer und gibt einem ein guten „Poker-Gefühl“, inklusive des Zwangs, permanent mit den Chips zwischen den Fingern zu spielen. Klack, klack, klacker. Der Prototyp hatte seinerzeit noch nummerierte Kärtchen, aber das war bevor Kosmos den Zuschlag zur Veröffentlichung bekam. Danke also an die Redaktion für dieses haptische Poker-Feeling.
Aber nicht nur Lob, sondern auch Tadel muss ich hier loswerden. Wer hat sich bitteschön die Illustrationen der Karten einfallen lassen? Diese sind ja gelinde gesagt hässlich! Nicht nur, dass Herz und Karo sowie Pik und Kreuz in unterschiedlichen Farbnuancen ausgeführt wurden, nein, auch die Illustrationen der Bildkarten sind meiner Meinung nach nicht besonders gelungen. Es muss ja nicht gleich ein cooles BICYCLE Deck sein, aber einfach „normale“ Pokerkarten oder ein normales Französisch Blatt hätte es ruhig sein dürfen. Die Karten müssen jetzt nicht zwingend zum aufgesetzten Thema passen, vielmehr zu der Art von Spiel, nämlich Poker. Diese Pseudo-Agenten-Bilder gehen gar nicht.
Fazit
Auch wenn mir persönlich die Karten nicht gefallen (habe sie mittlerweile durch „BICYCLE Standard“ ersetzt, so ist The Gang dennoch ein sehr cooles Spiel. Auch wenn sich hier die Geister von Poker Fans und Poker Gegner scheiden, in jeder Gruppe gab es Befürworter und Gegner des Spiels.
Cool ist auch, wie sich die Lernkurve der Gruppe entwickelt. Ist man zu Beginn noch stark im Poker-Fieber, merkt man schnell, dass bluffen nicht zum Ziel führt und dass es viel wichtiger ist, den Mitstreitenden zu signalisieren wie gut das eigene Blatt im Moment ist und nicht wie gut es werden kann.
Eine Runde The Gang? Jederzeit gerne!
Euch ist eine Meinung nicht genug?
Schaut doch mal bei den lieben Kollegen vom Beeple-Netzwerk nach. Vielleicht findet ihr unter www.beeple.de noch die eine oder andere Meinung zu diesem Spiel.
Alternativ könnt ihr immer gerne auch auf unserem und auf dem Discord-Server vom Beeple-Netzwerk nach weiteren Meinungen suchen.
© 25.04.2025 Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©Kosmos // Fotos: © Oliver Sack
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Der Einfachheit halber, verwende ich meist die maskuline Schreibweise in meinen Texten. Wenn ich von „Spieler“ schreibe, meine ich natürlich immer auch „Spielerinnen“ bzw. „Spieler m/w/d“
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