Nassau Titel

Lesezeit: 12 Minuten

von Oliver

Schätze, Segelschiffe und Karibik – fertig ist das Piraten-Klischee. Aber, Klischee hin oder her, es birgt genügend Stoff für ein Brettspiel. Nassau – Hauptstadt der Bahamas und im frühen 18. Jahrhundert auch Zentrum der Piraterie in der Karibik während der „Goldenen Ära der Piraterie“ (1690 bis 1730). Nassau ist aber auch eine Stadt und Provinz in Hessen. OK, letzteres klingt langweilig und bietet kein geeignetes Setting für ein Spiel. Dann doch lieber Piratenromantik pur. Schlüpfen wir also in die Rollen von Captain Blackbeard, der rebellischen Piratin Anne Bonny oder Benjamin Hornigold, dem Gründer der „Piratenrepublik Nassau“, getreu dem Motto: keine Könige, keine Gesetze – nur Freiheit. Wir besorgen uns in Nassau alles Notwendige, um auf Kaperfahrt zwischen den Inseln der Karibik zu kreuzen, um später unsere Schätze zu verstecken und uns am Lagerfeuer Seemannsgarn zu erzählen. Und alles nur aus einem Grund: Punkte!

Nassau Box

Name: Nassau (Stefan Feld City Collection Nr. 7)

Für 2 bis 4 unerschrockene Seefahrer, ab 14 Jahren

Autor: Stefan Feld

Illustrationen: Klemens Franz, Marek Bláha

Verlag: Queen Games

Vertrieb: Queen Games, Hutter Trade

Spieldauer: ca. 120 Minuten

Platzbedarf: ca. 90 x 120 cm (zu viert)

Verlagstext

Lesezeit: 0 Minuten

Tauche ein in die abenteuerliche Welt von Nassau und erlebe, wie du deine Crew anheuerst, dein Schiff aufrüstest und die Weiten der Karibik unsicher machst. In diesem strategischen Brettspiel für 2-4 Spieler ab 14 Jahren wirst du zum Anführer einer wagemutigen Piratenbande, die auf der Suche nach Ruhm und Reichtümern die Meere durchkreuzt. Ob du Handelsposten plünderst, Festungen eroberst oder legendäre Seeungeheuer besiegst – jede deiner Entscheidungen bringt dich näher an den begehrten Titel des gefürchtetsten Piratenkapitäns.

Das Spiel fordert dich heraus, kluge Entscheidungen zu treffen: Wie rüstest du dein Schiff am besten aus? Welche Crewmitglieder wählst du aus? Und wann ist der perfekte Moment, um anzugreifen? Mit jedem Zug erzählst du deine eigene Geschichte voller Intrigen und wilder Kämpfe – und das alles unter den wachsamen Augen deiner Mitspieler, die keine Gelegenheit auslassen werden, dir den Rang abzulaufen. Nur wer den Überblick behält und mutig genug ist, sich in die gefährlichsten Abenteuer zu stürzen, wird am Ende als Sieger hervorgehen.

Quelle: Queen Games

(Klicken zum Ausklappen)

Das Spiel

Nassau ist in (nur) vier Runden mit je drei grundlegenden Phasen unterteilt. Während dieser Phasen verbessern wir unser Schiff, vergrößern unsere Mannschaft und statten uns für unsere Reisen aus. Wir erweitern unseren Einfluss, erobern Handelsposten oder besuchen den „alter Seebär“. Abschließend verstecken wir unsere Beute und treffen uns am Lagerfeuer, um unsere Geschichten zu erzählen. All das, um möglichst viele Punkte zu bekommen und um Grundlagen zu schaffen für die Schlusswertung, bei der noch einmal Punkte über Mehrheiten und Multiplikatoren ermittelt werden.

Phase 1 – in Nassau

Nassau StadtWir haben zwar bereits ein Schiff mit einer netten Grundausstattung, aber es hilft immer, das Schiff zu optimieren und besser auszustatten. Ganz zu schweigen davon, dass wir dringend auch noch Proviant und Munition für unsere Reise beschaffen müssen. (Nein, Heike, deine Crew will nicht mit Schwarzpulver ernährt werden!). Außerdem sind ein paar Flaschen Rum extrem hilfreich.

Gestartet wird auf dem 9-teiligen Nassau-Spielplan. In dessen Mitte steht der Piratenkapitän. Von dort aus führen verzweigte Wege durch die Stadt und an jeder einzelnen Kreuzung gibt es unterschiedlichste Dinge, die wir sammeln können, um unsere Reise vorzubereiten. Hier gibt es unter anderem Proviant, Munition, Rum, Dublonen, Waffen, Matrosen, hilfreiche Haustiere und vieles mehr. Zudem können wir in der Spelunke weitere Piraten anheuern.

Ausgehend Kreuzung, auf der aktuell der schwarze Piratenkapitän steht, setzen wir unsere Piraten auf die Wege ein, die uns zur gewünschten benachbarten Kreuzung führen, um den dortigen Bonus (Ressource) zu erhalten. Anschließend wird der Piratenkapitän dorthin versetzt und dient so dem nachfolgenden Mitspielendem als Ausgangspunkt. So bewegen wir uns durch die Stadt, bis wir keine eigenen Piraten mehr einsetzen können oder wollen.

Klingt bekannt? Richtig! Dieser Spielplan und Mechanismus stammt aus Stefan Felds „Um Ruhm und Ehre“ (Alea) aus dem Jahr 2006. Aber das ist hier nur ein Teil des Spiels. Was danach, ab Phase zwei kommt, ist gänzlich neu.

Phase 2 – Auf Kaperfahrt

Nassau SeeNachdem wir uns in Nassau ausgerüstet haben, geht es los. Wir stechen in See. In dieser Phase können wir mit unserem Schiff durch die Inselwelt reisen, um Beute zu machen. Auch dieser zweite Spielplan ist in neun Bereiche unterteilt. Was wir dort alles machen können, richtet sich primär nach unserem eigenen Schiff, unserem Spielertableau. Zu Beginn jeder einzelnen Fahrt müssen wir einen Proviant aus unserem Laderaum abgeben, um überhaupt in See stechen zu können, denn hungrig will unsere Mannschaft nicht reisen.

Können wir einen Proviant abgeben, bestimmen die Anzahl aus Segelmasten und Matrosen auf unserem Schiff die Reichweite einer Fahrt. Dabei können wir von einem Gebiet zum nächsten schippern, jedoch nicht über Land, nur zur See. Logisch! In einem Gebiet angekommen, können wir unterschiedliche Aktionen durchführen. Wir können, falls wir nicht alle unsere Piraten in Nassau eingesetzt haben, einen Außenposten übernehmen, der uns zusätzliche Waffen als Beute einbringt und später als Ausgangspunkt für weitere Reisen dienen kann. Wir können Wachtürme besetzen oder Waren an Handelsposten übernehmen.

Spannend wird es jedoch, wenn wir auf einen Gegner treffen. Dann kommt es zum Kampf.

Gemäß unserer Anzahl an Matrosen und dem Gegner zugehörigen Waffentyp, können wir versuchen den Gegner zu besiegen und legen dafür Munitionskisten aus unserem Laderaum auf das Gegnerplättchen. Anschließend ziehen wir, je nach Stärke des Gegners, Plättchen aus einem Säckchen. Dies ist sein Gegenangriff, den es dann gilt, abzuwehren. Entsprechend unserer Kombination Segel/Matrosen, dürfen wir nun (Konflikt-)Würfel werfen. Jeder Würfel, mit einer Augenzahl von 3 oder mehr, wehrt ein Angriffs-Plättchen ab. Können wir ein Angriffs-Plättchen nicht abwehren, tragen wir die Konsequenzen, erleiden Schaden und verlieren etwas von unserem Schiff.

Egal wie dieser Kampf ausgeht, bekommen wir eine Belohnung. Haben wir jedoch den Kampf gewonnen, bekommen wir zusätzlich auch noch das Gegnerplättchen. Es werden also Mut und Erfolg belohnt.

Haben wir in unserem Zielgebiet eine Aktion durchgeführt, können wir, wenn wir wieder an der Reihe sind, gegen Abgabe eines weiteren Proviants erneut eine Fahrt zu einem anderen Gebiet innerhalb unserer Reichweite wagen.

Phase 3 – Die Heimreise

Nassau schiffHaben wir keinen Proviant mehr oder wollen keinen Proviant mehr ausgeben, treten wir die Heimreise an. Auf dem Weg zu heimischen Gewässern haben wir die Möglichkeit, gegen Abgabe von Dublonen, erbeutete Waren in unser Versteck zu transferieren. Können oder wollen wir das nicht, können wir gegen Abgabe einer Flasche Rum am Lagerfeuer Seemannsgarn zum Besten geben. Pro Flasche Rum dürfen wir bis zu drei Seemannsgarn-Karten (Auftragskarten) vorzeigen, wenn diese erfüllt sind. Das bringt Punkte. Zu guter Letzt bekommen wir eventuell noch ein wenig Boni bei der Ankunft in unserem Heimathafen.

Rundenende und Spielende

Haben alle Spielenden ihre Reise beendet und sind zurück in ihren Heimathafen gesegelt, folgt eine kleine Aufräumphase, bevor es wieder nach Nassau geht, um Proviant und Ausrüstung für weitere Reisen zu sammeln.

Nach insgesamt (nur) vier Runden ist Schluss. Es folgt eine mehrstufige Schlusswertung, bei der Mehrheiten multipliziert, gesammelte Ressourcen und Restmaterialien zu Punkte umgewandelt werden.

das Spielmaterial von Nassau

Nassau MaterialDas Spiel ist opulent ausgestattet und die vorliegende Deluxe-Version bietet zusätzlich noch etliche Holzmarker, die dem Spielgefühl durch deren Haptik absolut nicht schaden. Ja, es wirkt wie eine unübersichtliche Material-Schlacht, aber das ist nur der erste Eindruck. Ob man jedoch diese Deluxe Komponenten möchte und den damit höheren Preis bereit ist zu zahlen, bleibt jedem selbst überlassen. Funktionieren tut das Spiel auch in der „normalen“ Ausgabe auch problemlos und der Spielspaß ist nahezu identisch. (Ja, die Storage Boxen und die Holzmarker haben schon etwas.)

Was meiner Meinung nach verbessert werden könnte, sind die Markierungen auf dem Spielplan. Genauer gesagt, die Markierungen der Felder, auf denen die Gegnerplättchen in der Spielvorbereitung platziert werden. Hier ist nicht sehr gut zu erkennen, ob das Plättchen bei drei oder vier Spieler platziert werden muss. Die „Fische“, die zur Unterstützung auf den schlecht markierten Feldern abgebildet sind, sind farblich sehr unscheinbar je nach Lichtverhältnissen. Das ist aber auch der einzige Material-Makel.

Meine Erfahrungen und Eindrücke

Die Spieldauer von ca. 2 Stunden vergehen wie im Flug. Nassau spielt sich superflüssig und die Downtime ist angenehm niedrig. Ist man nicht an der Reihe, ist die Zeit sich auf den nächsten Zug vorzubereiten fast schon zu knapp. Die anfangs optische Materialflut entpuppt sich sehr schnell als normal und notwendig. Ob der Platzbedarf jetzt so groß sein muss, lasse ich mal dahingestellt. Fakt ist, nichts ist fummelig und alles ist übersichtlich, da man sich immer nur auf einen Teil des gesamten Spiels konzentrieren muss. Also entweder auf Nassau oder auf den Seeplan.

Nassau SpielszeneDie meisten Unklarheiten oder besser gesagt die meisten Fälle, in denen man selbst nach ein paar Partien die Spielregeln immer wieder zur Hand nehmen muss, sind die Kämpfe. Immer wieder tauchte bei uns die Frage auf „wie war das nochmal mit Gegner, Würfel, Erfolg und Misserfolg?“. Wie dem auch sei, vielleicht tue nur ich mich in diesem Punkt etwas schwerer. Fakt ist, dass die Spielregeln so aufgebaut sind, dass Regelfragen sehr schnell beantwortet werden können, wir keine Regellücken entdeckten und das Glossar sehr intuitiv ist.

Dann war da noch die Frage nach einer Strategie oder Taktik. Die häufigste Frage, die ich dazu gehört habe, war: „Und was brauche ich jetzt alles von den Ressourcen? Was ist wichtig?“ Meine Antwort darauf war immer: „ALLES!“ Das hat Stefan Feld mal wieder gekonnt inszeniert. Man braucht alles. Rum, Waffen, Dublonen, Waren, Matrosen, Segel und so weiter. Fakt ist aber auch, dass man nicht alles haben kann. Man muss Abstriche machen und mit den zur Verfügung stehenden Dingen planen und in der Lage sein, kurzfristig umzuplanen. Wie bei einem Uhrwerk greifen viele Zahnrädchen ineinander. Fragt sich nur, in welche Richtung sich die Zeiger drehen. Auch wenn man zwischendurch auf der Punkteleiste abgehängt wird, darf man die Hoffnung nicht aufgeben und das ist auch berechtigt. Manchmal entscheidet sich erst bei der Schlusswertung, wer gewonnen, wer verloren hat. Dabei sind es manchmal echt Kleinigkeiten, die den Ausschlag geben. Hier eine Waffe mehr, dort ein Seemannsgarn zu wenig und vielleicht eine entscheidende Ware am richtigen Ort. Schon zieht man an seinen Mitspielenden vorbei.

Ähnliche Spiele

Das einzige Spiel, das mir hier einfällt, welches thematisch in dieselbe Richtung geht, ist ein echter Klassiker. „Piratenbucht“ von Paul Randles und Daniel Stahl, welches 2002 bei Amigo und 2005 bei Days of Wonder in einer optisch sehr ansprechenden Neuauflage auf Deutsch erschien. Ein Klassiker in unserer Familie. Leider ist das Spiel nur noch auf dem Sekundärmarkt zu teils horrenden Preisen erhältlich.

Fazit

Auch wenn Nassau nicht bei allen Kritikern gut angekommen ist, so hat es mir bisher immer gefallen und ich würde jederzeit wieder mitspielen. (Vielleicht gewinne ich dann auch mal.)

Thematisch großartig umgesetzt mit eingängigem Ablauf. Was sich wie eine Material- und Punkteschlacht in der ersten Partie anfühlt, entpuppt sich zu einem angenehmen Kennerspiel mit viel Tiefe und taktischen Möglichkeiten. Und dass bei einer überraschend niedrigen Einstiegshürde, sodass auch Gelegenheitsspieler schnell ins Spiel kommen.

Für Fans von Stefan Feld Spielen auf jeden Fall ein Muss. Sonst gilt, wer keine Angst vor Spielzeiten über 90 Minuten und 20 Seiten Regelwerk hat, sich zudem gerne mit Ressourcenmanagement auseinandersetzt, der sollte einen Blick auf Nassau riskieren.

Euch ist eine Meinung nicht genug?

beeple logo klein

Schaut doch mal bei den lieben Kollegen vom Beeple-Netzwerk nach. Vielleicht findet ihr unter www.beeple.de noch die eine oder andere Meinung zu diesem Spiel.

Alternativ könnt ihr immer gerne auch auf unserem und auf dem Discord-Server vom Beeple-Netzwerk nach weiteren Meinungen suchen.

© 15.05.2025 Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©Queen Games // Fotos: © Oliver Sack

Du hast Fragen oder bist anderer Meinung?
Du möchtest etwas hinzufügen, ergänzen oder kritisieren?
Gerne! Schreib bitte unten in die Kommentare.
Wir freuen uns über jedes direkte Feedback.


Dies ist keine Werbung, dies ist eine rein sachliche Meinungsäußerung zu einem Produkt.
Transparenz-Hinweis: Wir bekommen keine Bezahlung für unsere Meinung zu diesem Spiel! Soweit nicht anders angegeben, wurden wir durch ein Rezensionsexemplar unterstützt.


Der Einfachheit halber, verwende ich meist die maskuline Schreibweise in meinen Texten. Wenn ich von „Spieler“ schreibe, meine ich natürlich immer auch „Spielerinnen“ bzw. „Spieler m/w/d“


Datenschutzhinweis: Unsere Kommentarfunktion speichert die IP-Adressen der Nutzer, die Kommentare verfassen.

 

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Kommentar posten

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..