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BBLNeulich diskutierten wir mit einem guten Freund über Dies und Das rund um Brett- und Gesellschaftsspiele. Da er, im Gegensatz zu uns, eher wenig spielt, sieht er einiges aus einem anderen, nicht ganz uninteressanten Blickwinkel.

Bernd lebt in Essen, dem Mekka aller Brettspiel-Nerds. Er spielt wenn überhaupt, nur gelegentlich. Wenn er spielt, dann bei/mit uns, oder mit seinem Sohn (9 Jahre). Immer wieder diskutieren wir über Spiele und Spielen. Nun kamen wir gemeinsam auf die Idee, seine Anmerkungen zum Thema „Spiele“ als Gastkommentar zu veröffentlichen. Wer weiß, vielleicht kommen in Zukunft noch mehr Gedanken aus der zweiten Reihe.

Aber jetzt wollen wir Euch, liebe Leser, zum Mitdiskutieren einladen mit folgenden Thema.
Wir freuen uns auf rege Teilnahme mit vielen Kommentaren.

Gesellschaftsspieler

Neulich stellte Oli Spielevater mir gegenüber fest, dass er in Spielregeln immer wieder die selben Erläuterungen wie z.B. „Ziel des Spiels ist es, am meisten Punkte…“ oder „Wer als erster…“ zu lesen bekommt und dass er eigentlich nicht gut findet, sich nur auf diese Ziele zu konzentrieren.

Recht hat er, dachte ich bei mir. Da fällt einem doch gleich der berühmte Olympische Gedanke ein „Dabei sein ist alles“ – oder nebenbei erwähnt die korrekte historische Aussage: „Das Wichtige an den Olympischen Spielen ist nicht zu siegen, sondern daran teilzunehmen; ebenso wie es im Leben unerlässlich ist nicht zu besiegen, sondern sein Bestes zu geben.“ (Pierre de Coubertin)

Hierbei wurde also das Ereignis selbst in den Vordergrund gestellt, während das klassische Motto den Wettbewerb und den Siegeswillen verfolgte. Somit stehen diese Gedanken in klarem Gegensatz zueinander. Und nun?
Da könnte sich doch ein gedanklicher Brückenschlag zum Spielen in heimischen Gefilden anbieten dachte ich mir und entwickelte meine Idee vom sinngemäßen „Ziel des Spielens“.

Mein Vorschlag wäre also, diese revolutionäre Aussage auf den gesellschaftlichen Spielwert und das Miteinander von Familie und Freunden zu übertragen und im Sinne einer ergänzenden Erläuterung fest in die Spielregeln zu integrieren. Also neben dem „Ziel des Spiels“ auch das „Ziel des Spielens“ zu erläutern und bewusst zu machen. Etwa so:

Liebe Spielfreunde!
Gemeinsam zu spielen ist von hohem gesellschaftlichem Wert. Es gibt euch die Möglichkeit zusammen mit eurer Familie oder mit euren Freunden die Freizeit zu gestalten und diese schönen Momente zu teilen. Das ist der Leitgedanke eines Gesellschaftsspiels.
Bitte achtet über den spielerischen Ehrgeiz hinaus vor allem auf schwächere Mitspieler und ermöglicht diesen gleichermaßen in die Spielabläufe hinein zu finden. So könnt ihr sicherstellen, dass alle den gleichen Spielspaß erleben und ihr die Freude am gemeinsamen spielen bewahrt.
Und nun wünschen wir euch viel Spaß beim spielen!

Was haltet Ihr von diesem „Olympischen Gedanken“?

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Kommentare

Peter R. schrieb am 14.01.2018:
„Wir alle wollen [beim Spielen] gewinnen, obwohl das Gewinnen selbst äußerst unwichtig ist. Es ist das Ziel, das Anstreben des Ziels, was zählt.“ (Reiner Knizia)

Das sollte in so einem Artikel nicht fehlen.

Bernd W. aus F. schreibt am 11.01.2018:
Lieber Spielevater!
Dieses Intro Vielspielern vorzutragen ist wie einem Biertrinker zu sagen, wie Bier hergestellt wird: Es ist ihm klar, aber nicht immer bewusst.
Es gibt die unterschiedlichsten Spielertypen, dies zeigst Du in Deiner Reihe schön auf. Mal abgesehen davon, dass ich das Intro etwas übertrieben belehrend wirkt ist, der Grundgedanke natürlich sehr ehrenwert. Im Kern kommt es zur Frage „“Wie haben ALLE Beteiligten eine schöne Zeit während des Spielens?“.
Diese Frage kann je nach Teilnehmer individuell beantwortet werden:
– Sind nur Hardcore-Zocker am Tisch?
– Ist es die Familienrunde?
– Sind Frischlinge oder eben Leute mit geringerer analytischer Begabung dabei?
– Spiele ich ein Turnier?
Es macht natürlich Spaß, ein Spiel zu gewinnen, wer würde dies leugnen? Und in einer Runde, wo der kompetitive Reiz bei Allen im Vordergrund steht, ist es völlig ok, zu spielen, um zu gewinnen. Und zwar mit harten Bandagen.
In heterogenen Runden, sollte man sich jedoch immer erinnern, dass alle Spaß haben sollten. Denn Stress hat man auf der Arbeit schon genug…man spielt, um sich zu entspannen…jeder auf seinem Level. Man kann dann immer noch auf Siegpunkte spielen, aber man kann charmant gewinnen und oder den anderen dabei schlecht aussehen lassen. Man kann Regelfetischist sein oder auch mal die 5 (oder 9,11,13,…) gerade sein lassen.
In gewissen Konstellationen hilft einem auch die Auswahl der Spiele: Bei Kooperationsspielen gewinnt oder verliert man gemeinsam. Hier ist durch den Spieletyp klar vorgegeben, dass der Weg das Ziel ist.
Bei Spielen mit überwiegendem Glücksanteil steht auch der Spaß im Vordergrund, da hier analytisches Denken nicht viel hilft. Unwohlsein entsteht hier nur Pech im Glück. Aber dafür hat man dann ja Glück in der Liebe…
Last but not least gibt es noch Spiele, bei denen das „Siegen“ wirklich von untergeordneter Rolle ist: Hier stehen sicherlich Partyspiele wie Codenames, Stille Post Extreme, Hand aufs Herz oder Werwolf an vorderster Front.
Als Fazit kann ich sagen: Es bedarf meiner Meinung nach keines speziellen Intros. Es ist letztlich eine Charakterfrage, wie einfühlsam der Gastgeber auf seine Gäste eingeht und diesen einen schönen Abend ermöglicht. Dies gilt nicht nur für Spiele, aber auch.