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„Majesty“ ist jetzt sicher nicht das, was der Szene-Kenner vom Verlag Hans-im-Glück erwartet hat. „Zu seicht“ ist immer wieder zu hören. Zu Recht? Nein! „Majesty“ will kein Profi- oder Experten-Spiel sein. „Majesty“ ist ein Familienspiel und als solches sollte man es bewerten, auch wenn es aus der Schmidtspiele-Kaderschmiede kommt, von der man komplexeres gewohnt ist.
Eckdaten
Name: Majesty
Autor: Marc André
Illustration: Anne Heidsieck
Verlag: Hans im Glück
Für wen: 2-4 Spieler, ab 7 Jahren
Spieldauer: ca 20 Minuten
Platzbedarf: ca. 60 x70 cm
Verlagstext
Ihr seid angehende Königinnen und Könige, die versuchen, das reichste Königreich aufzubauen um gekrönt zu werden. Doch dazu braucht ihr die Hilfe eurer Untertanen. Ob eine einfache Müllerin oder eine Adlige, jede Person kann eine entscheidende Rolle in eurem Königreich spielen. Nehmt euch die wertvollste Person zur richtigen Zeit und viel Gold soll euer sein. Doch Vorsicht vor den Nachbar-Königen! Wenn ihr nicht genügend Wachen angeheuert habt, kann es sein, dass euch diese mit ihren Soldaten einen Besuch abstatten …
Quelle: Website Hans im Glück Spieleverlag, 12/2017
Spielaufbau & -ablauf
In der Tischmitte werden alle Punktechips (1er, 2er, 10er, 50er und 100er) gut erreichbar bereitgelegt. Diese werden im Spielverlauf verteilt. Ein Startkapital bekommt keiner. Ebenfalls in der Tischmitte werden sechs Personenkarten offen ausgelegt. Sie bilden die allgemeine Auslage, von der man sich im Spiel bedienen kann. Nun bekommt noch jeder Spieler einen Vorrat (5) an Gefolgsleuten (Meeple) und eine Gebäudeauslage. Dies sind 8 Gebäude(-Karten), mit denen die Spieler Gold (= Chips, Punkte) und Meeple-Nachschub erwirtschaften können.
Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, wählt eine der sechs ausliegenden Personenkarten und legt sie zum entsprechenden Gebäude in seiner Auslage. Folgende Personen (7) und Gebäude (8) gibt es bei „Majesty“:
Müllerin – Mühle
Brauer – Brauerei
Hexe – Hexenhaus
Wachen – Wachturm
Soldat – Kaserne
Wirt – Taverne
Adlige – Schloss
Lazarett
Das Nehmen der ersten Karte (links) ist dabei kostenlos. Möchte man eine Karte nehmen, die nicht ganz links liegt, so muss man für diese bezahlen. Dazu wird von links nach rechts in der allgemeinen Auslage je ein Meeple auf jede Karte gelegt, die man nicht möchte. Dabei können auch mehrere Meeple auf einer Person liegen. Liegen bereits Meeple auf einer Karte, die man nehmen möchte, bekommt man diese zusätzlich. Da man nur 5 Meeple in seinem eigenen Vorrat haben darf, werden überschüssige Meeple am Ende des Spielzugs mit je 1 Punkt vergütet und kommen zurück in den allgemeinen Vorrat. Hat man keine oder zu wenige Meeple in seinem Vorrat, schränkt dies die Auswahl dann auch ein.
Je nachdem, welche Person man sich genommen hat, wird beim Anlegen dieser, an das entsprechende Gebäude, sofort eine Wertung ausgelöst. Dabei gibt es Punkte und/oder Meeple. Wieviel Punkte oder Meeple ausgeschüttet werden, ist von Gebäude zu Gebäude unterschiedlich. Manchmal sind es Punkte in Abhängigkeit von der Anzahl an Personen, die bereits an diesem Gebäude anliegen, manchmal werden auch Personen anderer Gebäude mit in die Berechnung der Punkte mit einbezogen. Personenkarten, auf denen zwei unterschiedliche Personen abgebildet sind, können wahlweise an eines der beiden passenden Gebäude angelegt werden. Aber nicht nur der aktive Spieler bekommt Punkte, sondern auch die Mitspieler, wenn sie bestimmte Bedingungen einiger Gebäude erfüllen. Ausgelöst wird dieser Mitspieler-Bonus aber immer durch den aktiven Spieler. Im Grundspiel wird dieser Punktebonus ausgelöst, wenn der aktive Spieler einen Brauer oder einen Wirt in seine Auslage legt. Haben dann die Mittspieler mindestens eine Müllerin (beim Auslegen eines Brauers) oder einen Brauer (beim Wirt) in ihrer Auslage, bekommen sie ebenfalls Punkte. Abschließend wird die allgemeine Personen-Auslage wieder auf sechs Karten aufgefüllt.
Gebäude mit Sonderfunktionen
Bei vier Gebäuden werden durch Anlegen von Personenkarten zusätzliche Aktionen ausgelöst.
Hexenhaus: Wird eine Hexe an das eigne Hexenhaus gelegt, wird, soweit vorhanden, eine Personenkarte aus dem Lazarett zurück in die eigene Auslage gelegt.
Wachturm: Jede Wache, die hier angelegt wird, erhöht den Verteidigungswert des Königreichs um +1.
Kaserne: Wird ein Soldat an die Kaserne angelegt, werden sofort alle Mitspieler angegriffen. Jeder Spieler, der weniger Wachen hat als der Angreifer Soldaten, verliert eine Personenkarte aus seiner Auslage. Diese Personenkarte wird zum Lazarett gelegt und kann nur mit Hilfe einer Hexe zurückgeholt werden. Betroffen davon ist immer die Person, die am weitesten links im Königreich liegt.
Lazarett: Hier liegen (verdeckt) alle Personenkarten, die einem Angriff zum Opfer gefallen sind. Bei Spielende bringen diese dann Minuspunkte.
Spieleende
Das Spiel endet nach 12 Runden mit einer Schlusswertung. Dabei werden zunächst Punkte für die Anzahl unterschiedlicher Personen im Königreich verteilt. Hierzu wird die Anzahl der Personen quadriert. Wer zum Beispiel 5 verschiedene Personen hat, bekommt somit 5×5=25 Punkte, wer 6 verschiedene hat, 6×6=36 Punkte, und so weiter.
Anschließend werden noch Punkte für Mehrheiten verteilt. Für jedes Gebäude wird dabei geprüft, wer die meisten Personenkarten an dem Gebäude liegen hat. Wer diese Mehrheit hat, bekommt die Punkte, die auf dem Gebäude angegeben sind.
Gewonnen hat, wer nach dieser Schlusswertung die meisten Punkte hat.
Unsere Erfahrungen & Spielgefühl
„Majesty“ spielt sich in jeder Besetzung recht flott und die Einstiegshürde ist recht niedrig. Erfahrene Spieler wechseln daher recht schnell auf die B-Seite der Gebäudekarten, die etwas anspruchsvoller ist. Anfängern oder Neueinsteigern empfehlen aber auch wir die A-Seite. Ein mischen der A- und B-Seiten ist nicht empfehlenswert. Dadurch wird das Spiel sehr unausgewogen, wovon deshalb auch schon von Verlagsseite abgeraten wird. Wir haben es neugierig, wie wir sind, dennoch ausprobiert. Resultat: sehr chaotisch und wirklich nicht zu empfehlen.
Manche Spieler (auch ich) bemängelten jedoch das permanente Gegrapsche nach den Chips und der damit auftretenden Unruhe am Tisch. Das kann echt nervig werden, vor allem, wenn gleichzeitig noch die allgemeine Auslage durch Aufrücken und Aufdecken der Karten geschieht. Aber auch das ständige wechseln von Chips kann nerven. Abhilfe schafft hier simple Disziplin. Wer an der Reihe ist, bekommt eine Karte aus der Auslage und legt diese zum passenden Gebäude. Dann nimmt sich der aktive Spieler seine Punkte-Chips und verteilt gegebenenfalls Boni an seine Mitspieler. Anschließend kann er, und nur er, Chips wechseln und füllt die allgemeine Auslage wieder auf sechs Karten auf. Wenn sich alle Spieler daran halten, entsteht auch keine Hektik am Tisch. Wer jetzt aber denkt, das Spiel würde so in die Länge gezogen, der mag vielleicht tatsächlich Recht haben. Nur, wollen wir gemütlich spielen oder wollen wir eine Partie auf Tempo und Teufel komm raus, durchprügeln? Das muss jeder für sich entscheiden. Wir spielen lieber gemütlich.
Zu zweit hat uns „Majesty“ übrigens nicht sonderlich gefallen. Es war uns zu zack-zack gespielt. Zu dritt fanden und finden wir es etwas, zu viert gar deutlich besser.
Unabhängig davon ist es in jeder Besetzung sehr wichtig, immer die Mitspieler im Blick zu behalten. Nicht wegen der abschließenden Mehrheitenwertung, die auch nicht aus dem Fokus geraten sollte, sondern wegen der interaktiven Soldaten. Lässt man es zu, dass ein Spieler immer wieder Soldaten anwirbt, sollte man dies zügig unterbinden in dem man ihm die Soldaten vor der Nase wegschnappt. Gleichzeitig sollte man aber auch seine Verteidigung aufbauen, um erst gar nicht in die Bredouille zu geraten. Denn bei jedem Soldaten, den jemand anwirbt, besteht die Gefahr, dass man eine seiner Personen-Karten verliert. Also, entweder man kann sich verteidigen, oder man sorgt dafür, dass man selbst die meisten Soldaten in seiner Auslage hat. Letzteres ist dabei garantiert die bessere Taktik.
Neben dieser gibt es noch weitere Zwickmühlen, die sich im Spiel ergeben. Das liegt an den unterschiedlichen Wechselwirkungen der Karten mit- und untereinander. Dies ist aber genau das Element, dass das Spiel interessant macht. Es reicht also nicht, einfach nur Karten zu nehmen. Man muss schon überlegen, was man wann macht.
Fazit
„Majesty“ ist jetzt sicher nicht das, was der Szene-Kenner vom Verlag Hans-im-Glück erwartet hat. „Zu seicht“ ist immer wieder zu hören. Zu Recht? Nein! „Majesty“ will kein Profi- oder Experten-Spiel sein. „Majesty“ ist ein Familienspiel und als solches sollte man es bewerten, auch wenn es aus der Schmidtspiele-Kaderschmiede kommt, von der man komplexeres gewohnt ist.
Die Regeln sind recht simpel, die Einstiegshürde vergleichsweise niedrig. Dennoch bietet das Spiel einiges an strategischen und taktischen Möglichkeiten, die es zu entdecken gilt, wenn man will. Somit ist „Majesty“ auch für Vielspieler ein interessantes Spiel, das man sich auf jeden Fall mal anschauen sollte.
Die kurze Spieldauer lädt außerdem zu eine sofortigen Revanche oder, gerade zu zweit, zu einem „best of 3“ ein. Wenn man es zu zweit mag.
© 05.01.18 Oliver Sack
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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge © Schmidtspiele / Hans im Glück / Fotos: Oliver Sack
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