Faiyum 2F Spiele

Lesezeit: 12 Minuten

Faiyum – das neue F-Spiel von 2F-Spiele entführt uns ins alte Ägypten und hat wie so oft bei Friedemann Friese, einen Solo-Modus. Da ich (Oliver) aber eher nicht so mit Solo-Spielen auf Du und Du bin, habe ich kurzerhand einen lieben Freund und treuen Mitspieler gefragt, ob er nicht als Gast-Rezensent hier unterstützen möchte. Und Philip hat Ja gesagt. Also halte ich mich jetzt raus und überlasse Philip das Feld. Er hat sich Faiyum besonders durch die Solo-Spieler-Brille angeschaut.

Faiyum Box

Name: Faiyum

für 1 – 5 Spieler, 12 Jahren

Autor: Friedemann Friese

Illustrationen: Harald Liske

Verlag: 2F-Spiele

Spieldauer: etwa 75 Minuten solo, offiziell: 110 – 140 Minuten

Platzbedarf: ca. 100 x 130 cm

Verlagstext

Faiyum ist ein strategisches Spiel für Liebhaber von planbaren Spielen.

Die grundlegenden Spielregeln sind äußerst simpel: Spielt eure Karten eine nach der anderen auf euren persönlichen Ablagestapel. Nachdem ihr (fast) alle Karten gespielt habt, nehmt ihr sie wieder auf die Hand, und zwar in der umgekehrten Reihenfolge beginnend mit der zuletzt gespielten Karte. Da ihr neu gekaufte Karten sofort auf die Hand nehmt, ist die Reihenfolge, in der ihr eure Karten nutzt, deshalb besonders wichtig. Jede der individuellen Karten bietet einfach zu verstehende Aktionen, aber nur auf der Suche nach der besten Kombination an Karten wirst du zum Meisterberater in Faiyum.

In diesem Spiel verwendet ihr einen an Deckbau erinnernden Kartenmechanismus und den erfolgreich in Funkenschlag genutzten Marktmechanismus. Erhaltet immer stärkere Karten und nutzt die von allen auf dem Spielplan gebauten Strukturen zu eurem Vorteil, indem ihr euer Ansehen mehrt. Kombiniert die verschiedenen Kartenaktionen und erhaltet das meiste Ansehen.

Der cleverste Berater wird Faiyum gewinnen.

Quelle: www.2f-spiele.de

Hinweis

Diese Rezension richtet sich an alle Menschen, allein zur besseren Lesbarkeit verwendete der Rezensent das generische Maskulinum. Niemand soll sich ausgeschlossen fühlen!

Vorbemerkung zu Faiyum

Auf Faiyum, die Herbstneuheit 2020 von 2F-Spiele, war ich sehr gespannt, da sie laut einigen Vorberichten Elemente aus den von mir geschätzten Spielen Concordia, Funkenschlag und Dominion vereint. Als Spielervater Oli mich fragte, ob ich eine Gastrezension über Faiyum schreiben wolle, konnte ich einfach nicht Nein sagen.

Frieses Strategiespiel ist für eine Spielerzahl von 1 – 5 konzipiert, aufgrund der Corona-Beschränkungen konnte ich es überwiegend nur solo spielen. Zwei Partien konnte ich auch zu zweit spielen, aber der Schwerpunkt der Rezension liegt auf meinen Solo-Erfahrungen.

Um was geht es bei Faiyum?

Faiyum StartDer Name „Faiyum“ passt perfekt zum Verlag 2F-Spiele, der sich das Ziel gesetzt hat, nur Spiele herauszubringen, deren Name mit dem Buchstaben „F“ beginnt – dies hat Friedemann Friese bis auf wenige Ausnahmen bis heute auch gemacht. Ein Blick auf die Schachtel lässt uns erahnen: es geht um das alte Ägypten. Doch was genau verbirgt sich dahinter? Der Verlag hilft uns gleich zu Beginn der Anleitung auf die Sprünge:

„Das oasenartige Becken Faiyum wurde vor ca. 3.900 Jahren als künstlich angelegtes Überschwemmungsgebiet genutzt, indem die Region durch den Bahr Yusuf Kanal mit dem Nil verbunden wurde. Während des Mittleren Reichs in Ägypten wurde dieses Sumpfland unter mehreren Königen wie Amenemhet III. und Sesostris II. langsam in Ackerland umgewandelt. Sie beauftragten ihre Berater mit dem Bau eines Kanal- und Deichsystems, um das Land, das voll mit Krokodilen und umgeben von Wüste war, zu urbanisieren und in die Kornkammer für ganz Ägypten zu verwandeln.“

So viel zur Geschichtsstunde. Wir sind also Berater des Pharaos und wollen die Region Faiyum möglichst fruchtbar machen, damit das Ansehen des Pharaos bei seinem Volk gemehrt wird und wir in der Gunst des Herrschers aufsteigen. Wie geht das? Der erfahrene Kenner- und Strategiespieler weiß, in einem Brettspiel gelingt uns das durch Siegpunkte, die hier Ansehen genannt werden.

Das Spiel ist zweisprachig (deutsch / englisch), dadurch sind alle Karten durchgehend in beiden Sprachen benannt (Beispiel: Bauer – Farmer), zudem ist der Titel auf den anglofonen Markt ausgelegt, sonst hätte es in Deutschland Faijum heißen müssen.

Die Spielmechanik

Wir beginnen unabhängig von der Spieleranzahl mit fünf gleichen Karten, die wir auslegen können, um eine Aktion durchzuführen. Zu Beginn sind die Aktionen schwach, da es aber einen Markt gibt, der uns erlaubt, bessere Karten zu kaufen, gewinnt unsere Kartenhand bald an Stärke. Am Anfang haben wir drei Bauern, die wir möglichst benachbart zu einem anderen Bauern auf ein Weizen- , Trauben- oder Steinfeld stellen.

Starthand bei FaiyumAls Ertrag bekommen wir einmal den Rohstoff des Feldes und – sollten wir ein Krokodil vertrieben haben (das geht nur auf Weizen- und Traubenfeldern) – sogar noch ein Geld. Diese Rohstoffe nutzt man anschließend, um Wege oder Gebäude zu bauen. Am Anfang sind es entweder zwei Wege oder eine kleine Siedlung. Später im Spiel mit dazu passenden Karten, können wir Städte, Betriebe oder Brücken bauen. Alle Bauwerke seien es Siedlungen, Betriebe oder Straßen können im Mehrpersonenspiel auch unsere Mitspieler nutzen. Wir bauen also gemeinsam in Faiyum. Außerdem können wir im Kartenmarkt auch bessere Rohstoffbeschaffer kaufen als unsere Starthand-Bauern.

Spielszene bei FaiyumDas Wort Kartenmarkt fiel: Was hat es damit auf sich? Dort können wir Karten kaufen und damit nicht am Anfang gleich die stärksten in unsere Hand wandern, sind die Karten nummeriert: je stärker eine Karte ist, umso höher die Nummer. Es liegen bis zum Ende des Spiels immer acht Karten offen, die niedrigen vier kann man kaufen, die höheren vier bilden einen zukünftigen Markt. Wird eine Karte gekauft oder aussortiert, wird die neu aufgedeckte entsprechend ihrer Nummer einsortiert.

Irgendwann möchten wir unsere Karten wieder auf die Hand nehmen, dann führen wir eine Verwaltungsphase durch. Sie erlaubt uns, die drei obersten Karten zurück auf die Hand zu legen und noch ein wenig Geld zu erhalten. Dafür verschwinden zwei der untersten vier Karten vom Markt – der Solospieler entscheidet welche (im 2-3-Personenspiel verschwinden die zwei niedrigsten im 4-5-Personenspiel die niedrigste Karte). Wollen wir mehr Karten zurückholen, müssen wir diese Be-Zahlen. Im Mehrpersonenspiel kostet jede Karte ein Geld, im Solospiel wird es teurer: Die erste Karte kostet ein Geld, die zweite zwei Geld, die dritte drei Geld usw.

Wir spielen so lange, bis die vier Naturkatastrophen-Karten aufgedeckt sind, danach können wir noch weiter spielen, jedoch keine Verwaltungsphase mehr durchführen. Im Mehrpersonenspiel nimmt sich, wer als erster fertig ist, die Naturkatastrophen mit den höchsten Punkten – im Solospiel entfällt logischerweise dieser Punktebonus fürs schnelle Aufhören.

Das Solospiel

Faiyum kann auf zwei Arten alleine gespielt werden. Erstens tritt man gegen sich selbst an und versucht einen neuen Punkterekord aufzustellen; zweitens kann der Solospieler eine Kampagne starten. Im Kampagnenspiel versucht der Solospieler ein bestimmtes Ziel zu erreichen, schafft er das, erhält er einen Bonus, der ihn für den Rest der Kampagne unterstützt. Das erste Ziel ist, 150 Ansehen bzw. Siegpunkte zu erhalten. Das ist mir im ersten Solospiel nicht gelungen. Nachdem ich in den einschlägigen Internetforen von Ergebnissen bis zu 200 oder noch mehr Punkten gelesen habe, zweifelte ich einen Augenblick an meinen spielerischen Fähigkeiten oder der Ehrlichkeit mancher Forennutzer. Beide Zweifel waren jedoch unberechtigt. Ich hätte das Glossar, wo die Funktionen aller Karten ausführlich erläutert sind, aufmerksamer lesen sollen. Dort steht nämlich, dass man für die Karte „Zwei Wege“ nicht zwei Sets aus Traube, Weizen, Stein zahlen muss, sondern nur zwei beliebige dieser drei Rohstoffe. Nachdem ich dies verinnerlicht habe, konnte ich im zweiten Spiel mit 194 Punkten das erste Ziel der Solokampagne erfolgreich abhaken.

Die weiteren Ziele sind in der Regel gut zu schaffen. Allerdings braucht man auch das notwendige Kartenglück, denn spiele ich auf das Ziel, drei Brücken zu bauen, brauche ich zwangsläufig die Karte „Brücke“. Kommt diese ziemlich spät, geht der Spielspaß ein wenig verloren, da ich in dieser Partie nur auf dieses eine Ziel spiele. Ähnlich ist es mit dem Ziel: baue zwei Paläste. Dafür benötige ich die Karte Palast, das ist die höchste normale Karte, die erst dann in den aktiven Markt rutscht, wenn alle Naturkatastrophen-Karten ausliegen. Die Spielregeln es uns also nicht mehr erlauben, eine Verwaltungsphase durchzuführen und somit die Karten zurück auf die Hand zu nehmen. Wie löst man diese Herausforderung? Indem wir die Karte „Alleskönner“ (nimm die oberste Karte zurück auf die Hand) oder „Papyrus“ (kopiere die Aktion deiner obersten Karte) spielen.

Was mir an Faiyum gefällt

Es ist ein wunderbar verzahntes Spiel, das die Strategen herausfordert und zu immer neuen Höchstleistungen anspornt. Gerade im Solospiel wollte ich meinen alten Höchststand noch um ein, zwei oder mehr Pünktchen steigern. Es ist auch wahnsinnig befriedigend, wenn du als Solospieler eine gut geölte Punktemaschine aufgebaut hast und das auch noch auf dem Spielbrett sichtbar wird. Ein Beispiel: Die Karten „Gehöft“, „Plantage“ und „Steinbruch“ sorgen gemeinsam mit Straßenbaukarten für einen Punkte- und Rohstoffregen. Zusätzlich sieht man, wie das Spielfeld schön ausgebaut wird. Allerdings kann man diese Punktemaschine nicht ewig laufen lassen, denn sobald es keine Betriebe mehr gibt, endet der Punkteregen dieser Kartenkombination. Warum? Weil Bauten (hier: Betriebe) im Gegensatz zu den Rohstoffen endlich sind.

Das Zweipersonenspiel gefällt mir noch besser, weil es hier einfach verstärkt zu Interaktionen kommt und du gezwungen bist, das, was dein Mitspieler dir an Karten lässt und an Infrastruktur erschafft, gut zu nutzen. Das Ende kann hier auch sehr abrupt sein. Einmal war es so, dass ich gerade eine Verwaltungsphase plante, um die ganzen tollen Karten zurück auf die Hand zu nehmen, mir der Mitspieler aber zuvorkam und die zwei fehlenden Naturkatastrophen-Karten aufdeckte.

Was mir nicht so gut gefällt

Die Grafik, vor allem die Grafik des Spielplans. Wohlgeneigte Zeitgenossen mögen es puristisch nennen, mir gefällt sie nicht so sehr. Der Spielplan sieht nach einer spiele- und bastelbegeisternden Studenten-WG in Helmut-Kohl-Deutschland aus. Dabei gibt es Ägypten-Spiele mit schöner Grafik. Ich spreche dabei nicht von dem Plastik-Miniaturen-Prasserei-Spiel „Ankh: Die Götter Ägyptens“, das in diesem Jahr an die Kickstarter-Unterstützer ausgeliefert werden soll. Vielmehr denke ich an „Pharaon“ vom ebenfalls kleinen Verlag Frosted Games, das bei ähnlichem Thema mit den deutlich schöneren Illustrationen punktet.

Fazit zu Faiyum

Alles in allem gefällt mir Faiyum sehr gut. Das Solospiel ist grundsolide und hat es mir in den Lockdown-Zeiten ermöglicht, oft ein gehobenes Kennerspiel auf den Tisch zu bringen. Zu zweit gefällt es mir noch besser – kein Wunder, spiele ich doch lieber mit anderen als allein. Ich freue mich schon auf den Frühling, wenn hoffentlich die Corona-Restriktionen zurückgefahren wer-den und wir Spieler uns wieder in größeren Gruppen treffen können. Eines der ersten Spiele, das dann auf den Tisch kommt, wird Faiyum sein. Ich bin sehr gespannt, wie es sich zu dritt oder viert spielt. Faiyum kann ich allen Freunden von Strategiespielen ans Herz legen.

Philip G.

Unser Gastrezensent

Philip G. kommt – wie wir auch – von „links unten“. Seit einigen Jahren ist er regelmäßiger Teilnehmer bei unseren Spieleabenden. Er mag die ganze Bandbreite an Spielen – vom Familienspiel bis zum Expertenspiel und ist ein gern gesehener Gast nicht nur am Spieltisch. Ein paar seiner Favoriten sind zum Beispiel: Zug um Zug, Word Slam, Mysterium, Orleans, Terraforming Mars und Terra Mystica. Ein echter Quer-Beet-Geschmack.

© 01.02.2021 Oliver Sack / Philip G.

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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©2F-Spiele / Fotos: © Philip G.
Dies ist keine Werbung, dies ist eine rein sachliche Meinungsäußerung zu einem Produkt.

Transparenz-Hinweis: Wir bekommen keine Bezahlung für unsere Meinung zu diesem Spiel!


Der Einfachheit halber, verwende ich die maskuline Schreibweise in meinen Texten. Wenn ich von „Spieler“ schreibe, meine ich natürlich immer auch „Spielerinnen“ bzw. „Spieler m/w/d“