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Spicy – bin ich Fan von! Aber nicht nur Chili, Wasabi oder Pfeffer. Nein, gerne auch Jalapenos, Habaneros oder andere kleine, rote, gelbe, grüne, Schweinereien. Entsprechend neugierig war ich natürlich, was sich wohl hinter einem Spieletitel versteckt, wenn er auf etwas Scharfes hindeutet. Nach dem ersten öffnen der Spicy Box, die kleine Ernüchterung. Auch nach einer kurzen Geschmackskontrolle, „nur“ ein Kartenspiel? Da man aber nie vom Äußeren auf das Innere schließen soll, haben wir alle optischen Reize hinten angestellt und ganz neutral das Kartenspiel ausprobiert. Dabei entpuppte es sich schnell als ein witziger, unterhaltsamer Einsteiger, oder besser gesagt, „Appetizer“ für den gemütlichen Spieleabend mit Freunden oder der Familie.
Name: Spicy
Für 2-6 Spieler, ab 10 Jahren
Autor: Zoltan Györi
Illustration: Jimin Kim
Vertrieb in D: Heidelbär Games
Spieldauer: ca. 15 Minuten pro Partie
Platzbedarf: gering
Empfehlungsliste „Spiel des Jahres“ 2020
Verlagstext
„Im schnellen Bluffspiel „Spicy“ kann man sich leicht die Finger verbrennen! Reihum werfen die Spieler verdeckt Wasabi-, Chili- und Pfeffer-Karten mit aufsteigendem Schärfegrad ab. Nicht immer finden sich die passenden Gewürze auf der Hand, also mogeln sich auch ungültige Zutaten in den Karten-Eintopf. Bei Verdacht können die Mitspieler zur Geschmacksprobe bitten, müssen dabei aber das kulinarische Vergehen präzise benennen: Hatte die zuletzt abgeworfene Karte die falsche Gewürzsorte oder stimmte der Schärfegrad nicht? Die Schummelei zu entlarven wird belohnt, birgt aber auch Risiken: War der angeprangerte Wert korrekt, so gehen die Punkte an den zu Unrecht beschuldigten Spieler. Bei erfolgreicher Enttarnung freut sich hingegen der Ankläger. Ein Bluff-Gericht mit Pfiff!“
Quelle: www.heidelbaer.de
Das Spiel
Lassen wir mal die Illustration beiseite, die mir nebenbeibemerkt, gut gefällt und schauen uns das Spiel mal ganz neutral an. Ein Kartenspiel für 2 bis 6 Spieler, bei dem man versucht, seine Kartenhand loszuwerden. Um dies zu erreichen, ist jedes Mittel erlaubt, heißt: es darf, ja muss, geblufft werden um sein Ziel zu erreichen. Aber, man sollte sich beim Schwindeln nicht erwischen lassen!
Spielmaterial
90 Spielkarten in drei Farben (Chili, Wasabi, Pfeffer), 10 Joker Karten sowie drei Punktekarten, bilden das Material für das Grundspiel. Dazu noch sechs Sonderkarten für die Variante „Extrascharf“. Fun-Fact: legt man die Karten einer Sorte von 1-10 übereinander, ergibt sich ein kleines Daumenkino.
Spielablauf
Jeder Spieler bekommt 6 Handkarten und eine Spielende-Karte wird ganz unten in den Nachziehstapel gesteckt. Das ist schon die ganze Vorbereitung und es kann sofort losgehen.
Ein Spieler eröffnet den Ablagestapel mit einer seiner Handkarten. Dies muss allerdings, unabhängig von der Sorte (Kartenfarbe), immer eine 1, 2 oder 3 sein. Was der Spieler jedoch in diesem Moment letztendlich legt, ist seine Sache. Er muss einfach nur 1, 2 oder 3 ansagen. Wird dies dann nicht sofort angezweifelt, ist der nächste Spieler an der Reihe. Er muss jetzt wiederum eine Karte mit demselben Gewürz (Kartenfarbe) und einer höheren Zahl als zuvor genannt, ablegen und ansagen. Was dieser Spieler jedoch tut und was er sagt ist auch hier wieder relativ. Es muss nur glaubhaft oder gar korrekt sein. Alternativ kann er auch passen und eine Karte nachziehen. Zweifelt erneut keiner an, geht es genau so weiter. Karte um Karte, bis ein Spieler eine 10 legt. Dann darf wieder mit einer 1, 2 oder 3 der Reigen fortgesetzt werden.
Rundenende?
Gespielt wird Spicy immer so lange, bis ein Spieler seine letzte Handkarte gelegt hat. Zweifelt jetzt keiner diese letzte Karte an, ist die Runde beendet. Zur Belohnung bekommt der Spieler, dem es gelungen ist, seine letzte Karte loszuwerden, eine Trophäen-Karte (+10 Punkte) und bekommt für die nächste Runde wieder sechs neue Handkarten.
Das Anzweifeln
Anzweifeln kann immer jeder, aber nur die zuletzt gelegte Karte auf dem Ablagestapel darf angezweifelt werden. Wer anzweifelt, muss sich seiner Sache aber sicher sein. Es reicht nicht aus zu sagen „Halt, Stopp, gelogen!“ – Nein. Es muss mindestens eine Eigenschaft (Zahl oder Gewürz) angezweifelt werden.
Wird der angezweifelte Spieler damit einem Bluff überführt, muss er zur Strafe zwei Karten vom Nachziehstapel auf die Hand nehmen und der Spieler, welcher zu Recht angezweifelt hat, bekommt den Ablagestapel als Punktestapel (1 Punkt pro Karte).
Wird ein Spieler zu Unrecht angezweifelt, bekommt der Zweifler die Strafe. Da auch immer die zuletzt gespielte Handkarte angesagt werden muss, ist hier der Zweifel vorprogrammiert. Oder etwa doch nicht? Die Richtigkeit der letzten Ansage pauschal zu verurteilen reicht nicht aus. Man sollte sich hier besonders sicher sein und seinem Mitspieler tief in die Augen blicken.
Spielende
Das Spiel endet, wenn die Spielende-Karte im Nachziehstapel auftaucht oder ein Spieler zwei Trophäen besitzt oder die letzte von drei Trophäen verteilt wurde. Der Spieler mit zwei Trophäen oder der Spieler mit den meisten Punkten, gewinnt.
Variante
Als Variante kommen ein oder zwei Sonderkarten ins Spiel, die durch kleine Tegeländerungen oder Ergänzungen den Spielverlauf ein wenig ändern. So ist es beispielsweise dann erlaubt, identische Karten anzusagen oder jede 6 wie eine 9 (oder umgekehrt) zu behandeln. Diese und die anderen Varianten bringen zusätzliches Feuer in eingespielte Runden.
Unsere Eindrücke zu Spicy
Spicy ist ein kleines, freches und schnelles Bluff-Kartenspiel das. In der richtigen Runde super Spaß macht. Immer wieder kommt es hier auch zu Situationen, in denen man überrascht sein wird, wie oft man falsch anzweifelt. Immer, wenn man meint, seine Mitspieler beim Bluffen zu erwischen liegt man falsch. So geht es zumindest mir und wenn ich dann mal (ausnahmsweise) Schwindel, werde ich ertappt. Mist!
Aber genau von diese Interaktion lebt das Spiel und wer gerne Bluffspiele mag, kommt hier voll auf seine Kosten.
Die Vertrauensbasis hier am Tisch ist ja jetzt schon so was von kaputt!
Zitat meines Sohnes nach ca. 5 Minuten einer Partie.
Was uns an Spicy stört
Eigentlich ist Spicy ein rundes Spiel, wäre da nicht eine Sache, die mich persönlich etwas stört. Konkret geht es um das Anzweifeln. Hier stellt sich immer die Frage, wer zweifelt wann. Klar, man kann jederzeit einen Mitspieler anzweifeln und das hat neben Reiz auch manchmal gute Gründe. Ganz sicher wird aber meist der Spieler angezweifelt, der seine letzte Karte abgelegt hat. Nur wer zweifelt diesen Spieler an? Soll ich es tun, der ich selbst aber nur noch eine Karte auf der Hand habe? Oder lieber warten, bis sich ein Mitspieler erbarmt und seinerseits die Zweifel hegt? Wird zurecht gezweifelt, bekommt der Spieler, der seine letzte Karte gespielt hat zur Strafe ja zwei Karten vom Nachziehstapel und ich könnte stattdessen die Runde beenden. Nur, bin ich im Unrecht, hab ich die zwei Karten an der Backe und das wirft mich wiederum zurück und ein anderer Spieler beendet das Spiel. Schwere Entscheidung also. Dazu noch die Regel, dass der Spieler, der die Herausforderung verliert zwei Karten Nachziehen muss. Gut, an sich ist eine Strafe ja OK, aber der bestrafte Spieler darf zugleich die nächste Runde einläuten und das finde ich nicht so gut. Dann lieber drei Strafkarten oder der Sieger der Herausforderung beginnt eine neue Runde.
Hier fehlt mir ergo ein wenig die Balance. Aber das nur am Rande.
Der zweite Punkt, der mich persönlich zwar nicht so stört, aber auf den ich angesprochen wurde, bezieht sich auf das Design der Karten. Hier tut sich der Linkshänder nämlich schwer, wenn er die Karten in seiner rechten Hand auffächert. Was er dann sieht, ist der Kartenwert der linken Karte in seiner Hand. Vom Rest sieht er nichts. Grund dafür, die Kartenwerte in den Ecken sind nur diagonal vorhanden. Wie gesagt, der Rechtshänder wird das nicht merken – aber der Linkshänder umso mehr.
Besonderheit bei Spicy
Die Spielkarten sind hochwertig und mit einem speziellen Druckverfahren hergestellt. Die Rückseite der Karten hat einen Metallic-Golddruck, was jedoch bislang nur auf die Erstauflage zutrifft. Das sieht zugegeben, schon ziemlich scharf und cool aus.
Unser Fazit zu Spicy
Wie eingangs schon angedeutet, funktioniert das Bluff-Spiel mit jeder anderen Illustration sicher auch. Die vom Verlag gewählte Illustration hat aber einen besonderen Reiz, da thematisch derzeit eher selten und daher unverbraucht. Allerdings sollte die Gestaltung nur ein Teil des Spiels ausmachen. Wichtiger sind der Spielablauf und der Spielreiz. Ersterer ist leicht zu erlernen, Letzterer in der richtigen Gruppe sehr hoch. Wer Bluff-Spiele mag und kein Problem damit hat seine Liebsten zu belügen und zu betrügen, der ist hier genau richtig. Und zu zweit? Ganz ehrlich, zu zweit ist Spicy mehr als langweilig. Zu dritt schon besser, aber mit 4-6 Spieler umso kurzweiliger und lustiger. Ich mag es … scharf – I like it … hot!
© 29.05.2020 Oliver Sack
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Abbildungen der Spiele und Regelauszüge ©Heidelbär Games / Fotos: © Oliver Sack
Dies ist keine Werbung, dies ist eine rein sachliche Meinungsäußerung zu einem Produkt.
Der Einfachheit halber, verwende ich die maskuline Schreibweise in meinen Texten. Wenn ich von „Spieler“ schreibe, meine ich natürlich immer auch „Spielerinnen“ bzw. „Spieler m/w/d“